8222 Der Staat und die übrigen Religionsgesellschaften. 687
die nicht öffentlich aufgenommenen, aber mit Korporationsrechten
ausgestatteten Religionsgesellschaften.
Nach Art. 13 der Verfassungsurkunde können die Religions-
gesellschaften, welche keine Korporationsrechte besitzen, solche nur
auf Grund besonderer Gesetze erlangen. Durch diese Verfassungs-
bestimmung sind selbstverständlich die Religionsgesellschaften nicht
berührt worden, denen bereits vor Erlaß der Verfassungsurkunde
durch einseitige königliche Erlasse Korporationsrechte beigelegt
waren. Die Bedeutung der Verleihung der Korporationsrechte
liegt an sich nur darin, daß die Gemeinde ein selbständiges Rechts-
subjekt wird. Die betreffende Religionsgemeinschaft erhält aber
durch die Möglichkeit, daß ihre Gemeinden Korporationsrechte
erlangen können, die besondere Rechtsstellung, welche der Staat
nach verschiedenen Richtungen hin diesen Religionsgesellschaften
einräumt. Dagegen fehlen ihnen die besonderen Vorrechte der
öffentlich aufgenommenen Gemeinschaften. Sie sind rechtsfähige
Privatvereine, die Begründung der Mitgliedschaft und das Ver-
hältnis zu ihren Mitgliedern ist rein privatrechtlich. Ihre Re-
ligionsdiener genießen also nicht die Rechtsstellung staatlicher
Beamten. In finanzieller Beziehung stehen sie anderen Korpora-
tionen gleich, ohne vor diesen irgend welche Vorzüge zu genießen.
Ihre vermögensrechtlichen Beziehungen zu ihren Mitgliedern und
zu dritten Personen bestimmen sich also durchaus nach den Regeln
des Privatrechts. Insbesondere ist, soweit nicht ausdrückliche
Vesetzliche Bestimmungen das Gegenteil besagen, die Beitreibung
der Abgaben im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens un-
zulässigs).
2) Dies wird allgemein anerkannt. Vgl. Hinschius in Kochs Land-
recht Bd. 4, S. 173 und bei Marquardsen a. a. O. S. 366; Jacobson,
Preuß. Kirchenrecht S. 396, N. 18; Boche, Der preuß. legale Pfarrer,
5. Ausg., Braunschweig 1875, S. 72 ff. Fraglich ist dagegen, ob für die
Beitreibung der Zivilrechtsweg zulässig ist, oder ob hier jeder staatliche
Rechtsschutz fehlt. Die Praxis entscheidet die Frage im ersteren Sinne
nach dem Grundsatze, daß für jedes Recht auch das Mittel zur Verwirk-
lichung vorhanden sein muß. Dagegen Hinschius bei Margquardsen
S. 253, 366, da keine privatrechtlichen Verhältnisse streitig seien. Allein
ie auf der freien Willensentschließung des einzelnen beruhende Zu-
Vehörigkeit zu einer Korporation und die daraus sich ergebenden ver-
mögensrechtlichen Beziehungen sind an sich rein privatrechtlich. Es sindet