696 Das Verwaltungsrecht. 8 223
ist; die Oberaufsicht und die Entscheidungsgewalt über streitige
Fragen steht der Kirche aus eigenem Rechte zu und erscheint mit
der geistlichen Hierarchie als solcher verbundem). Die drei ersten
Merkmale sind jedoch während des ganzen 18. und teilweise
des 19. Jahrhunderts fortgesetzt dem preußischen Schulwesen eigen-
tümlich gewesen, obgleich für diese Zeit der rein staatliche Charakter
der Schule feststeht. Es bleibt daher als Merkmal nur übrig
das eigene Recht der Kirche auf Leitung der Schule oder vielmehr,
wo wie in den meisten protestantischen Gebieten die Kirche dem
Staate einverleibt ist, die organische Verbindung der Schulgesetz-
gebung und Verwaltung, sowie der Ausstattung mit der kirchlichen
in einem einzigen Zweige des staatlichen Verwaltungsrechts.
Diese Verbindung ist in Preußen erst gelöst worden durch
eine Jahrhunderte lange Entwicklung, welche unter Friedrich
Wilhelm I. beginnt und mit dem Schulaufsichtsgesetze von 1872
abschließt. Das Ziel und das Endergebnis dieser Entwicklung
ist nicht die Beseitigung des religiös-konfessionellen Charakters
des Schulwesens, wohl aber dessen Erhebung aus einem Zweige
der kirchlichen Verwaltung zu einem besonderen staatlichen Ver-
waltungszweige gewesen.
Zunächst sondert sich unter Friedrich Wilhelm I. die Schul-
gesetzgebung von der Kirchengesetzgebung, besonders von den
Kirchenordnungen, ja sie ergeht bereits, soweit als möglich, unter
Zurückdrängung des konfessionellen Gesichtspunktes für die Schulen
aller Bekenntnisse. So stellt das Edikt vom 9. Oktober 1717)
für das ganze damalige Staatsgebiet und für alle Bekenntnisse
die obersten Grundsätze des Elementarschulwesens fest. Es spricht
zuerst den Grundsatz der allgemeinen Schulpflicht aus und über-
trägt dem Prediger die Erteilung des Religionsunterrichts. Der
Unterrichtsplan richtete sich meist nach den bisherigen Ordnungen.
Nur für die Neumark erging ein besonderes Gesetz vom 26. De-
zember 1736°). Die regelmäßigen Lehrgegenstände bildeten hier
Lesen und Unterricht im Christentume, so daß die Kinder die Bibel
aufschlagen lernten und die wichtigsten Sprüche und Lieder aus-
7) Gneist, Koufessionelle Schule S. 13.
Ss) Mylius, C. C. M. I, 1, S. 527.
9) A. a. O. VI, Nachlese S. 93.