Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

86 Das Verwaltungsrecht. § 150 
war die gleiche Bestimmung hinsichtlich der Amtsgerichte durch §21 
des Ausführungsgesetzes einer königlichen Verordnung mit der 
Maßgabe vorbehalten, daß die Bezirke und Sitze der Amtsgerichte 
nach dem 1. Oktober 1882 nur durch Gesetz verändert werden 
könnten"). 
Die Gerichtsbarkeit wird nach der im Jahre 1849 endgültig 
erfolgten Beseitigung der patrimonialen und städtischen Gerichts- 
barkeit ausschließlich gehandhabt nach dem Systeme der allgemeinen 
Landesverwaltung, d. h. durch unmittelbare staatliche Behörden. 
Dieser staatliche Charakter aller Gerichtsbarkeit ist verfassungs- 
mäßig anerkannt einmal durch die in Art. 42 der Verfassungs- 
urkunde ausgesprochene Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit 
und weiter dadurch, daß nach Art. 86, 87 die richterliche Gewalt 
im Namen des Königs ausgeübt, und die Richter vom Könige oder 
in dessen Namen ernannt werden. Als Ersatz für die aufgehobene 
standesherrliche Gerichtsbarkeit hatte Preußen einzelnen Standes- 
herren in den mit ihnen abgeschlossenen Rezessen gewisse Präsen- 
tationsrechte für die in ihrem Gebiete zu besetzenden Richterstellen 
gewährt. Aber auch diese sind mit dem Inkrafttreten des Gerichts- 
verfassungsgesetzes fortgefallen, welches in § 15 den staatlichen 
Charakter der Justiz noch schärfer als die preußische Verfassungs- 
urkunde hervorhebt durch die Bestimmungen: 
„Die Gerichte sind Staatsgerichte. 
Die Privatgerichtsbarkeit ist aufgehoben; an ihre Stelle tritt 
die Gerichtsbarleit desjenigen Vundesstaates, in welchem sie aus- 
geübt wurde. Präsentationen für Anstellungen finden nicht statt. 
Die Ausübung einer geistlichen Gerichtsbarkeit in weltlichen 
Angelegenheiten ist ohne bürgerliche Wirkung. Dies gilt ins- 
besondere bei Ehe= und Verlöbnissachen.“ 
Diese Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes beziehen 
sich zwar nur auf die streitige Rechtspflege, es wäre also eine 
patrimoniale oder geistliche Gerichtsbarkeit in Angelegenheiten der 
freiwilligen Rechtspflege reichsrechtlich nicht ausgeschlossene). Da 
4) Vgl. die bereits mehrfach abgeänderte Verordnung vom 26. Juli 
1878 betressend die Errichtung der Amtsgerichte — GS. 1878, S. 275 f . — 
*) So besteht z. B. in Mecklenburg auf dem Gebiete der freiwilligen 
Nechtopflege die Patrimonialgerichtsbarleit sort. Vgl. Büsing, Meckleu- 
burg. Slaatosrecht in Marquardsens Handbuch Bd. 3, Abt. 2, S. 18.
	        
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