Full text: Das Legitimitätsprincip.

55 
Allianz erwachten 1) Gedanken aufkommen zu lassen, als folt 
ten die Zusammenkünfte der aachener Protokollmächte eine ver- 
tragsmäßige Suprematie der Großmächte über Europa be- 
gründen, dennoch ging deutlich aus den aachener Vereinba- 
rungen hervor, Europa sollte nicht mehr wie früher eine 
Gruppe locker zusammenhängender, nur durch wechselnde In- 
teressen vorübergehend miteinander verbundener Staaten, son- 
dern ein völkerrechtlicher Verein von Staaten auf Grund 
bestimmter rechtlicher, beziehentlich religisser Anschauungen mit 
bestimmten rechtlichen wie sittlichen Verpflichtungen seiner 
Glieder und mit einem bestimmten, auf Wahrung dieser Ver- 
pflichtungen gerichteten Organe sein. Die Heilige Allianz ver- 
folgte sonach ursprünglich dasselbe Ziel wie die von Talley- 
rand verkündigte Legitimitätstheorie, so verschieden auch 
ihre Ausgangspunkte waren: die völkerrechtliche Sicherung 
der europäischen Ordnung, so wie sie in den Wiener und Pa- 
riser Verträgen festgestellt worden war, sollte die Aufgabe 
beider sein. 
Danach hätte die Heilige Allianz ihr Ziel als erreicht an- 
sehen dürfen, nachdem ihr die große Mehrzahl der europäischen 
Souveräne beigetreten war. ) Selbst England, obgleich der 
Prinz-Regent die Unterzeichnung der Stiftungsurkunde unter 
Berufung auf die nach der englischen Verfassung zweifellose 
Unzulässigkeit eines vom Souverän persönlich ohne Zuziehung 
eines Ministers abgeschlossenen Bündnisses abgelehnt hatte, 
konnte anfänglich nicht zu den Gegnern der Heiligen Allianz 
gerechnet werden: der Prinz-Regent hatte sich persönlich für 
—. —— 
1) Gervinus, a. a. O., I, 251. 
2) Ueber die Accessionen der europäischen Regierungen val. Ch. 
be Martens, Recueil manuel et pratique de traites, III, 202.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.