Full text: Staats- und Verwaltungsrecht der freien und Hansestadt Lübeck.

Die Organisation des Staates. 55 
von dem Einflusse irgendeines Partei- oder Privatinteresses 
zu erwägen, was dem Gemeinwesen wahrhaft nützlich und 
förderlich sei“. Als Ergebnis ihrer auf die gütliche Aus- 
gleichung des Streitgegenstandes zu richtenden Verhandlungen 
hat sie dem Senate binnen einer ihr bei ihrer Einsetzung 
durch Rat- und Bürgerschluß zu bestimmenden Frist Vor- 
schläge für einen Vergleich einzureichen, worauf der Senat 
seine Erklärung im verfassungsmäßigen Wege an die Bürger- 
schaft gelangen läßt. Hält die Kommission die ihr gesetzte 
Frist nicht inne, so steht es jedem der beiden Staatskörper 
frei, dem anderen gegenüber „die Vergleichsverhandlungen für 
abgebrochen zu erklären und Versendung der Akten an das 
Hanseatische Oberlandessericht zum Spruch Rechtens zu be- 
gehren“. Werden die Vergleichsverhandlungen von einem 
der beiden Staatskörper für abgebrochen erklärt, oder wird 
durch die eingereichten Vorschläge der Kommission und die 
auf Grund dieser Vorschläge zwischen dem Senate und der 
Bürgerschaft gepflogenen weiteren Verhandlungen die Mei- 
nungsverschiedenheit nicht erledigt, so hat der Senat hiervon 
der Kommission unverzüglich Anzeige zu machen; die Kom- 
mission hat dann binnen 14 Tagen, nachdem ihr die Anzeige 
zugegangen ist, die bei ihr erwachsenen Akten dem Hanse- 
atischen Oberlandesgericht zum Zwecke der rechtlichen Ent- 
scheidung zuzustellen. Das Gericht hat, erforderlichenfalls 
nachdem dem Senate oder der Bürgerschaft für die DBei- 
bringung weiterer Tatsachen oder Akten „bei Vermeidung 
eines angemessenen Präjudizes“ Fristen gesetzt sind, von 
seinem Spruche gleichzeitig dem im Senate den Vorsitz 
führenden Bürgermeister und dem Wortführer der Bürger- 
schaft eine versiegelte Originalausfertigung zuzustellen. Die 
Entsiegelung und Verlesung des Spruches erfolgt in den un- 
verzüglich und gleichzeitig zu berufenden Versammlungen des 
Senates und der Bürgerschaft. Beide Teile haben den Aus- 
spruch des Gerichtes unverweigerlich als verbindlich für sich 
anzuerkennen *). 
Weichen dagegen die Meinungen des Senates und der 
*) Das geschilderte Verfahren hat bisher niemals statt- 
gefunden.
	        
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