506 HINTER DEM RÜCKEN
glaube, im Lande wird man auch sehr unzufrieden sein. Nun noch der
Geburtstag außer Landes. Ich kann nur sagen, ich habe einen moralischen
Kater.“ Telegraphisch berichtete mir die Kaiserin noch von Friedrichshof:
„Trotzdem Kaiserin Friedrich durch den Tod der Mutter zuerst natürlich
tief bewegt war, fand ich sie bereits sehr gefaßt. Sie fragte sehr, ob der
Kaiser bald zurückkäme, schien sehr den Wunsch zu hegen, den Kaiser
bald zu schen.“
Die Nachteile eines zu langen Aufenthalts leuchteten auch dem England
Graf freundlich gesinnten Grafen Paul Metternich ein, der mir am 23. Januar
Metternich
über den
Aufenthalt
in England
sichtlich präokkupiert in diesem Sinne telegraphierte. Am 24. Januar
schrieb er mir schon beruhigter: „Wechselnde Bilder ziehen rasch an einem
vorüber, und ich empfinde heute weniger die Befürchtungen, die ich Ihnen
gestern über einen längeren Aufenthalt Seiner Majestät in Osborne aus-
sprach. Die Einladung des Kronprinzen zum Geburtstag Seiner Majestät
ist auf die eigene Initiative des neuen Königs von England zurückzuführen.
Ich habe gestern Gelegenheit gehabt, Seine Majestät in dürren Worten auf
die Gefahren von Indiskretionen nach Rußland hin aufmerksam zu machen,
und ich glaube, daß Seine Majestät, soweit die Zukunft in Betracht
kommt, meine Bemerkungen nicht unberücksichtigt lassen wird.“
Philipp Eulenburg, der viel Flair hatte, schrieb mir wenige Tage nach dem
Tode der Königin Victoria aus Wien: „Mir wird bange, wenn ich an den
geliebten Herrn in Osborne denke: Was wird er alles reden! — Wie ein Kind
zwischen diesen trotz aller Trauer rohen Naturen wandelnd. In ihrer Mitte
verliert er auch alle seine sonstige ‚Gerissenheit‘. Eine Art treuherzige
Verlegenbeit tritt ein, und es wäre dem ersten besten leicht, ihm alle seine
Seelengeheimnisse (und unsere Staatsgebeimnisse) zu entreißen. Dabei
überall im Wege! Die Familie schimpft hinter seinem Rücken, und die
eigenen Adjutanten ringen die Hände und wollen nach Hause. Mich macht
trotz allen Ernstes und derwahren Trauer, die er empfindet, der Gedanke
lächeln, wie er die tote Großmutter ‚ausschlachtet‘, um sich eine Zeitlang
von ‚Muttern‘ zu drücken. Hoffentlich bekommt ihm das Spazierengehen
in Osborne und das Herumfahren bei Cowes zu allen Kriegsschiffen, die
ihn mit der denkbar größten Nonchalance empfangen, gut; das ist schließ-
lich die Hauptsache. Der ‚New York Herald‘ hat meine bevorstehende
Ernennung zum Statthalter im Elsaß gebracht. Gott weiß, woher das
stammt! Wenn es auch der einzige Posten ist, den ich gern nähme, so
hörte ich weder, daß der Langenburger zurücktreten will, noch, daß Adolf
Schaumburg eine andere Unterkunft haben sollte.“ Fürst Hermann zu
Hohenlohe -Langenburg war Statthalter der Reichslande. Den Prinzen
Adolf zu Schaumburg-Lippe, den Schwager des Kaisers, fürchtete Phili
als Konkurrenten für Straßburg, wohin er selbst kommen wollte. Mit