Podbielski
Land-
wirtschafts-
minister
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Zum Landwirtschaftsminister wurde der Staatssekretär des Reichs-
postamts General von Podbielski ernannt, der unter der Maske des jovialen
Lebemanns nicht unbedeutende Gerissenheit verbarg, aber auch viel ge-
sunden Menschenverstand, und der vor allem ein praktischer Landwirt mit
großer Erfahrung und mit großem Verständnis für die Bedürfnisse der Land-
wirtschaft war. In seinem Wesen der Typus eines gemütlichen Kavallerie-
obersten a. D., der die Freude und den Stolz aller Kasinos gebildet und bei
Liebesmählern es im Trinken und Durchhalten bis zum frühen Morgen
mit jedem Fähnrich aufgenommen hatte, war Theophil von Podbielski der
Enkel eines in Warschau geborenen polnischen Offiziers, der nach 1806
Preußen treugeblieben war. Er war ein hervorragender Organisator,
mochte es sich nun um die Schnitzeljagden der Reitschule in Hannover,
um die Rennen von Karlshorst, um die Post oder um das Ministerium für
Landwirtschaft, Domänen und Forsten handeln. Zum Handelsminister
schlug ich einen nationalliberalen Parlamentarier vor, den Kommerzienrat
Möller. Es lag mir dabei nicht nur daran, für dieses Ressort eine tüchtige
Kraft zu gewinnen, sondern ich wollte auch die Parteien und namentlich
den Kaiser daran gewöhnen, aus dem Parlament geeignete, solcher Aufgabe
gewachsene Persönlichkeiten mit Ministerposten zu betrauen.
Ich legte Gewicht darauf, mich gerade von Miquel in der besten Form zu
trennen. Bei dem Abschiedsdiner, das ich ihm zu Ehren gab, sprach ich
einige Worte, die meine aufrichtige Bewunderung für seine seltenen Geistes-
gaben und meine Anerkennung seiner großen Verdienste nicht nur als
preußischer Minister, sondern auch in der Werdezeit des Reichs als führen-
des Mitglied des Nationalvereins zum Ausdruck brachten. Seine wehmütige
Antwort ließ erkennen, wie schmerzlich er seinen Rücktritt empfand. Es
war ein Fehler des alten Systems, daß verabschiedete Minister nie oder fast
nie wiederkehrten. So faßten denn viele den Rücktritt als Minister nicht
nur als eine Capitis diminutio, sondern fast als eine Art von politischem
Todesurteil auf. Miquel hatte einen begabten Sohn, den ich schon in jungen
Jahren in die Diplomatie aufnahm und, seinen Gaben entsprechend, nach
dem Rücktritt seines Vaters ungewöhnlich rasch avancieren ließ. Er ist
leider frühzeitig gestorben. Die Ausschiffung des Finanzministers und Vize-
präsidenten des Staatsministeriums Miquel fand wie alles Schöne und
weniger Schöne, das ich unternahm, den begeisterten Beifall meines
„treuen Knappen“, des Grafen Monts. Er schrieb sofort an meine Frau:
„Von ganzem Herzen möchte ich Ihnen und B. gratulieren, daß dieser
gefährliche Mineur glücklich debarquiert ist, und noch dazu in einer so
selbstverständlichen, milden, ich möchte sagen eleganten Weise. C’etait un
coup de maitre. Die so ganz verfahrene, klippenreiche Kanalsache ist von
B. in geradezu tadelloser Weise bisher dirigiert worden. Ich sehe jetzt frohen