Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

SIMON MEYER 67 
fehlte. Der „Kladderadatsch“ widmete dem Herzog damals die nach- 
stehenden köstlichen Verse: 
An einen hohen Schlachtenbummiler 
Variationen über das Thema: 
„hätten die Sachsen besser eingegriffen‘ 
Zwar hast Du diesmal Dir den Kriegermut, 
Die Heldentaten meisterlich verkniffen; 
Bei manchem hübschen Kind, manch jungem Blut 
Hast ehmals Du viel besser eingegriffen. 
Gesichert, wo der eh’rne Würfel fiel, 
Und fern der Wahlstatt, wo die Kugeln pfiffen, 
Hast einst im lustigen Komödienspiel 
Als Bolingbroke Du besser eingegriffen. 
Die arınen Sachsen, die Du rezensicert, 
Mit einem Takt, so zart, so fein geschliffen! 
Hätt’st Du statt dessen selbst sie angeführt, 
Meinst Du, sie hätten besser eingegriffen ? 
Von Klatschbasen ist namentlich in England die Behauptung verbreitet 
worden, der wirkliche Vater des Herzogs Ernst von Koburg und seines 
Bruders, des Prince-Consort von England, sei nicht Herzog Ernst I. von 
Koburg, sondern ein Jude namens Simon Meyer gewesen. Daran wurden 
dann allerlei mehr oder weniger schlechte Witze über 5. M. in seiner zwei- 
fachen Auslegung geknüpft. Es soll richtig sein, daß mancherlei gegen die 
Vaterschaft des Herzogs Ernst I. von Koburg spricht. An den thüringi- 
schen Höfen aber war man, wie mir gelegentlich ein thüringischer Prinz 
erzählte, fest davon überzeugt, daß es sich keinesfalls um einen Herrn 
Simon Meyer, sondern im schlimmsten Fall um einen Herrn von Ziegesar 
handle, und „das ist‘, fügte jener thüringische Prinz beruhigend hinzu, 
„eine sehr anständige adlige Familie‘. Ich habe nie etwas müßiger gefunden, 
als solche Recherche de la paternite. Nicht nur weil ein derartiges Herum- 
schnüffeln widerwärtig ist, sondern auch weil wir vor Gott alle gleich sind, 
alle arme Menschen mit menschlichen Unvollkommenheiten und Schwä- 
chen, wie auch unsere Blutmischung sein möge. Das war übrigens auch 
die Ansicht Kaiser Wilhelms II., der mir einmal eine hübsche Äußerung 
seiner Tante, der Prinzessin Henriette von Schleswig-Holstein-Sonderburg- 
Augustenburg, erzählte. Beider Tragödie Struensee spielten die Beziehungen 
jenes Unglücklichen zu der Königin Karoline Mathilde von Dänemark eine 
große Rolle. Die Königin war durch einen niederträchtigen Betrug ver: 
anlaßt worden, unerlaubte Beziehungen zu dem früheren Arzt und späteren 
Staatsminister Struensee einzugestehen. Nicht lange nach der Hinrichtung 
von Struenscee und der Verbannung der Königin wurde letztere von einer 
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