Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

MINISTER BUDDE 95 
aber ein großes Werk voll Patriotismus, Klugheit und Tatkraft, bei dem 
wir ehrenvoll und kräftespannend weitergedeihen mögen, das segne Gott! 
Lieber Freund, ich beglückwünsche Sie von ganzem Herzen.“ Der Kaiser 
richtete ein Handschreiben an mich, in dem es hieß: „Gern und freudig 
erkenne Ich an, daß es vornehmlich das Verdienst Ihrer staatsmännischen 
Kunst und Ihrer zielbewußten Leitung der Verhandlungen gewesen ist, 
daß dieser schöne Erfolg trotz aller entgegenstehenden Schwierigkeiten 
erreicht worden ist. Ihnen gebührt daher in erster Linie Mein Dank, den Ich 
Ihnen von ganzem Herzen ausspreche, und Ich bitte Sie zugleich, als 
äußeres Zeichen Meiner Anerkennung und Meines Wohlwollens Meine 
Büste in Marmor freundlichst anzunehmen.“ Die Unterschrift dieses Hand- 
schreibens lautete: „Ihrer treuen Dienste allezeit eingedenk, verbleibe 
Ich Ihr dankbarer Kaiser und König Wilhelm, I. R.“ Das Wort „allezeit‘ 
hatte Seine Majestät dick unterstrichen. Auf meinen Vorschlag verlieh der 
Kaiser meinem hochverdienten Mitarbeiter, dem Grafen Posadowsky, den 
Schwarzen Adlerorden und ernannte den Staatssekretär von Richthofen, 
der sich um das Zustandekommen der Handelsverträge ebenfalls sehr ver- 
dient gemacht hatte, zum preußischen Staatsminister. 
Seit Jahr und Tag spielte in unserer inneren Politik die Kanalfrage eine 
große Rolle. Sie hatte viel Staub aufgewirbelt, sie hatte sehr zur Vergiftung 
der inneren Atmosphäre und unserer inneren Politik beigetragen. Dem 
Kaiser schwebte, wie nicht selten, ein gutes Ziel vor, würdig des Schweißes 
der Edlen. Um so verfehlter war seine Taktik, bald zu drohen und zu toben, 
dann wieder alle Hoffnung aufzugeben. In langwierigen Besprechungen 
und Beratungen erreichte ich schließlich, daß die Kanalvorlage am 27. Fe- 
bruar 1905 mit 256 gegen 132 Stimmen angenommen wurde. Eine Reihe 
führender Konservativer war einsichtig genug, für die Vorlage zu stim- 
men, unter ihnen Wartensleben-Rogasen und Wartensleben-Schwirsen, 
Pappenheim, der Chefredakteur der „Kreuzzeitung‘‘ Dr. Kropatschek, 
Arnim-Züsedom, Saldern-Plettenburg, Bülow-Bothkamp, Bülow-Bossce, 
Putlitz. Das Hauptverdienst an dem endlichen Zustandekommen des 
großen Werks hatte der Minister der öffentlichen Arbeiten, Budde. Deralte 
Obrigkeitsstaat hat viele hervorragende Beamte und Offiziere hervor- 
gebracht, kaum einen tüchtigeren Mann als Hermann Budde. Sein Leben 
verdiente auch in den Schulen des neuen Deutschland, wo leider nur zu 
viele „Republikaner“ mit flachem Verstand und kurzem Gedärm alle Er- 
innerungen an bessere Zeiten in Vergessenheit bringen möchten, unserer 
heranwachsenden Jugend als Vorbild erzählt zu werden, damit sie lerne, 
was ein Mann ist. In Bensberg bei Köln geboren, aus dem Kadettenkorps 
hervorgegangen, war er als blutjunger Offizier im Deutsch-Französischen 
Krieg durch die Brust geschossen worden, leistete trotzdem nach dem Krieg 
Annalıme der 
Kanalvorlage
	        
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