Sympathie-
kundgebungen
218 KEIN STAATSSEKRETÄR FÜR DAS KOLONIALAMT
in vollster Gesundheit und Kraft hierher zurückkehren werden, habe ich
die Ehre, zu zeichnen Eurer Durchlaucht sehr ergebener von Einem.“
Zu diesem Dank des Kriegsministers hatte der Kaiser ad marginem be-
merkt: „Ich schließe mich dem Herrn Kriegsminister an.‘‘ Dagegen lehnte
der Reichstag zu allgemeiner Überraschung in dritter Beratung des Etats
den Posten des Staatssekretärs für das Kolonialamt mit 142 gegen 119
Stimmen bei 9 Enthaltungen ab. Nicht lange nachher wurde ferner die
Fortführung der Bahn Lüderitzbucht—Kubub nach Keetmanshoop, an
deren sachlicher Notwendigkeit gar kein Zweifel obwalten konnte, mit
186 gegen 95 Stimmen abgelehnt. Allerdings war in beiden Fällen der
Standpunkt der Regierung von dem Staatssekretär Tschirschky und dem
Kolonialdirektor Hohenlohe-Langenburg sehr schwach, von dem Staats-
sekretär Posadowsky, der darüber verstimmt war, daß er nicht meine
Sukzession angetreten hatte, gar nicht verteidigt worden. Es gab doch zu
denken, daß mein verhältnismäßig kurzes Fernbleiben von den Geschäften
genügte, damit die gouvernementale Maschinerie knarrte und stockte. Es
war immerhin nicht unbedenklich, daß meine fortgesetzte Fühlungnahme
mit den Parteiführern und die stete Leitung und Überwachung der Kollegen
nötig war, um die Geschäfte in Gangzuerhalten. War die ganze Maschinerie,
war unser staatlicher Organismus nicht zu sehr auf die Person des Kanzlers
eingestellt? Gar nicht zu reden von den Schwierigkeiten und Gefahren der
auswärtigen Politik, die bei der damaligen internationalen Lage besondere
Erfahrung, Umsicht und eine geschickte Hand verlangten. Dagegen wurde
der Schulvorlage im Preußischen Landtag durch ein Kompromiß zwischen
Konservativen, Zentrum und Nationalliberalen zur Annahme verholfen.
Ein sehr bedeutsamer Erfolg für den, der nicht vergaß, wie schwierig seit
jeher in Preußen die Behandlung aller Schulfragen war, wie heftige Kämpfe
und gefährliche Krisen gerade Schulgesetze in der Vergangenheit hervor-
gerufen hatten. Auf meine Bitte und zu meiner Freude verlieh der Kaiser
bei diesem Anlaß dem trefflichen Kultusminister Studt, einem schon vor
seiner Berufung zum Unterrichtsminister als Landrat in Ostpreußen, als
Unterstaatssekretär in Elsaß-Lothringen und als Oberpräsident von West-
falen sehr bewährten, charaktervollen und tüchtigen Beamten, den
Schwarzen Adler.
Ich darf es mir versagen, alle Beweise von Sympathie wiederzugeben,
die mir anläßlich meiner Erkrankung aus ganz Deutschland zugingen. Die
Kaiserin hatte mir nach meiner Erkrankung telegraphiert: „Ich bete zu
Gott, daß der Herr Ihre Gesundheit zum Besten des Kaisers und des Lan-
des wiederherstelle. Viele herzliche Grüße Ihrer Frau.‘‘ Vom Kronprinzen
erhielt ich einen Brief, in dem er mir seine Teilnahme an meiner Erkran-
kung wie herzliche Wünsche für baldige völlige Besserung aussprach und