WILHELM II. GEGEN PHILI 3ıll
betrübenden Vorfall zu benutzen, um für einige Zeit ins Ausland zu gehen,
was alle Welt natürlich finden würde. Er möge den Winter mit den Sei-
nigen in der Schweiz oder in Italien verleben, sich dem Berliner Geklatsche
und Gerede entziehen, gleichzeitig die widrigen Eindrücke der letzten Zeit
vergessen und seine angegriffenen Nerven wiederherstellen. Nach dem, was
mir Rathenau und Berger gesagt hatten, hoffte ich, daß, wenn Eulenburg
Berlin verließe und sich namentlich dem Kaiser fernhielte, sowohl seine
Gegner am Hofe wie Harden ihn in Ruhe lassen würden. Aber der Arme
glich der Mücke, die immer wieder in das Licht fliegt. Er konnte nicht ohne
den Kaiser, die kaiserliche Nähe und die kaiserliche Gunst leben. Er hatte
mir geschrieben: „Ich möchte im Verkehr mit den Meinen und den mir
gebliebenen Freunden in tiefe Vergessenheit sinken. Ich bin tatsächlich zu
krank für alles andere. Ich habe genug an den Qualen dieser Erde und will
Gott auf Knien danken, wenn er mich in Ruhe sterben läßt.“
Nichtsdestoweniger und trotz meiner ausdrücklichen Warnung erschien
er im Januar 1907 in Berlin, um sich mit dem Schwarzen Adlerorden
investieren zu lassen. Die Verleihung des höchsten preußischen Ordens an
Eulenburg hatte schon seinerzeit in weiten Kreisen Ärgernis gegeben. Seine
Anwesenheit bei der Investitur, die ihm vom Kaiser mit besonderer Herz-
lichkeit erteilte Akkolade erregte seine Gegner am Hofe, namentlich die
Kabinetts-Chefs, und erbitterteden Kronprinzen. Das Kesseltreiben gegen
ihn begann wieder von allen Seiten. Im Mai 1907 wandte sich der Kaiser
ebenso plötzlich und ebenso stürmisch gegen Eulenburg, wie er ihn jahre-
lang an sich gezogen hatte. Nachdem er schon einige Tage vorher meinem
Bruder Karl Ulrich, der damals die 2. Gardeulanen kommandierte, bei
einer Besichtigung gesagt hatte, er fände mich Eulenburg gegenüber zu
gutmütig, nicht energisch genug, ich müsse mich endlich aufraffen, traf
am 31. Mai 1907 ein kaiserliches Schreiben bei mir ein, in dem es hieß:
Seine Majestät habe erfahren, daß Eulenburg bereits seit Monaten in der
„Zukunft“ angegriffen werde, ohne etwas dagegen zu unternehmen.
Dagegen habe Eulenburg sich unter der Hand mit Harden in Verbindung
gesetzt und ihn gebeten, von ferneren Angriffen abzustehen. Im Wider-
spruch mit diesem tatsächlichen Sachverhalt habe Eulenburg Seiner Maje-
stät in mehreren Briefen versichert, daß er von den Artikeln der „Zukunft“
gar keine Kenntnis hätte, die „Zukunft“ nicht lese und überhaupt nicht
wisse, was in ihr stünde. Seine Majestät müsse daraus schließen, daß
Harden Briefe von Eulenburg an Moltke besäße, die in jeder Richtung
kompromittierend wären. Seine Majestät habe ferner gehört, daß Eulen-
burg während eines Kaiserbesuchs in seinem Schlosse Liebenberg anrüchige
Persönlichkeiten eingeladen hätte, unter ihnen einen französischen Diplo-
maten, der sich des schlechtesten Rufes erfreue und deshalb von dem könig-