14 WILHELM II. AUF DEM HAPAG-DAMPFER
daß es unter den Jesuiten nicht nur kluge und tüchtige, sondern auch
gute, edle, von reinstem Idealismus erfüllte Männer gibt. Während des
Deutsch-Französischen Krieges stand ich bei derselben Schwadron mit
einem westfälischen Freiherrn von Böselager. Ich fühlte mich zu ihm hin-
gezogen. Er war ein ungewöhnlich unterrichteter und begabter junger
Mann, dabei ein tüchtiger Soldat, der sich von keinem Königshusaren an
Eifer im Dienst, an Unermüdlichkeit im Patrouillereiten, an Tapferkeit bei
der Attacke übertreffen ließ. Wir führten oft lange religiöse Gespräche,
im Geiste des großen Wortes: „In necessariis unitas.‘“ Sobald der Feldzug
zu Ende war, bestimmte Böselager sein ganzes nicht unbeträchtliches Ver-
mögen für fromme Zwecke, dann trat er in den Jesuitenorden ein. Als ich
mich viele Jahre später bei einem seiner Verwandten nach seinem Ergehen
erkundigte, hörte ich, daß Karl Böselager in den sumpfigen Niederungen
des Ganges einer Pestepidemie erlegen wäre, bis zum letzten Atemzuge die
Kranken pflegend und verschend, die Gesunden aufrichtend und tröstend.
Ave, pia anima!
Als ich die Aufhebung des $ 2 des Jesuitengesetzes erreicht hatte, schrieb
mir Kardinal Kopp: „Eure Exzellenz wollen geneigen, wenigstens ein
stilles Dankeswort für die Erledigung der Jesuiten-Frage entgegenzu-
nehmen. Die Wogen der wohl meist nur künstlichen Aufregung werden sich
voraussichtlich bald verlaufen, die Katholiken aber hoffentlich der Opfer
eingedenk bleiben, die Eure Exzellenz für diese Friedensaktion gebracht
haben. In unwandelbarer Treue und Verehrung. G. Kard. Kopp.“ Mein
lieber alter Freund der Prinz Franz Arenberg schrieb mir: „Julius Bachem,
der Redakteur der Kölnischen Volkszeitung, sagt mir soeben, die zweite
Auflage des Katholischen Staatslexikons sei fertiggestellt, und die Redaktion
habe beschlossen, Dir ein Exemplar in Prachtband zu verehren. Die Leute
wissen sehr gut, welches Maß von Dank sie Dir für alle Anfechtungen
schulden, denen Du Dich ihretwegen ausgesetzt hast, und wollen Dir mit
dieser Aufmerksamkeit ihre Verehrung und Erkenntlichkeit zeigen. Diesen
Beweis anständiger Gesinnung bin ich sehr glücklich Dir übermitteln zu
können.“ Mündlich sagte mir Arenberg in jenen Tagen: „Als Zentrumsmann
danke ich dir. Als dein Freund sage ich dir: Nun aber Schluß! Wenn in
Deutschland eine Partei ungefähr alles erreicht hat, was sie vernünftiger-
weise verlangen kann, dann ist für die Regierung nicht mehr mit ihr auszu-
kommen, dann wird sie unverschämt.“ Diese Prophezeiung sollte sich schon
zwei Jahre später erfüllen.
Im März 1904 unternahm Kaiser Wilhelm seine erste Mittelmeerreise.
Mittelmeer- Die Hamburg-Amerika-Linie hatte ihm zu diesem Zweck einen ihrer größten
fahrt des Dampfer zur Verfügung gestellt, was Seine Majestät die Möglichkeit bot,
Kaisers eine stattliche Zahl von Bekannten auf diese Fahrt mitzunehmen. Als der