Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

KUNDGEBUNGEN 389 
und freudige Genugtuung‘‘ darüber aus, daß mein Verbleiben auf dem 
Posten des Reichskanzlers gesichert wäre. „Möge es Eurer Durchlaucht 
noch lange vergönut sein, die deutsche Politik sicher und stetig zu leiten 
zum Segen des Reichs und zur Förderung des Friedens unter den Völkern.“ 
In der Zweiten Sächsischen Kammer erklärte der Staatsminister Graf 
Hohenthal in einer Debatte über die Reichspolitik: „In der Sitzung des 
Bundesratsausschusses für auswärtige Angelegenheiten hat Fürst Bülow in 
vierstündigem freiem Vortrage über alles eingehende Mitteilung gemacht, 
was sich in den letzten Jahren in bezug auf die auswärtigen Angelegen- 
heiten begeben hat. Diese Mitteilungen waren streng vertraulich. Ich kann 
aber hervorheben, daß in der Aussprache, an der sämtliche Mitglieder des 
Ausschusses teilnahmen, festgestellt wurde, daß die Leitung der aus- 
wärtigen Politik in den allerbesten Händen ist und daß der Reichskanzler, 
wenn er, wiewohl schweren Herzens, sich entschlossen hat, in kritischer 
Stunde die Bürde seines Amtes weiter zu tragen, dies aus reinem Patrio- 
tismus, Pflichtgefühl und Anhänglichkeit an den Kaiser geschah.“ Der 
bayrische Gesandte gab mir gegenüber im Auftrage des greisen Prinz- 
regenten mit großer Wärme dem Wunsche Ausdruck, ich möge im Amt 
verbleiben. Zwei journalistische Veteranen aus der Bismarckzeit, Paul 
Lindau und Ludwig Pietsch, gratulierten mir mit gleicher Wärme wie 
Eugen Zimmermann, der spätere Mitarbeiter Wilhelms II. bei seinen „Er- 
scheinungen und Gestalten“. Dr. Oertel, Chefredakteur der agrarischen 
„Deutschen Tageszeitung“, ein konservativer Politiker und Parlamentarier 
von Talent und Gewicht, begrüßte in einem an mich gerichteten Tele- 
gramm mein Bleiben „nicht nur im Interesse Eurer Durchlaucht, sondern 
in dem des Kaisers und des Reichs‘; Gott möge mir Kraft und Frische 
geben, noch lange des schweren hohen Amtes zu walten, damit diese letzten 
bangen Tage bleibende gute Früchte zeitigten. In gleichem Sinne tele- 
graphierte mir der Leiter der konservativen „Schlesischen Zeitung‘, Otto 
Ruoese. Es fehlte auch nicht an scherzhaften Zuschriften. Ein „English 
admirer‘ schickte mir nachstehende, mit kunstvollen Lettern und großen 
Initialen auf Pergamentpapier gedruckten Verse: 
For the Kaiser 
Something to remember: 
If your lips you’d keep from slips 
Five things observe with care: 
Of whom you speak, to whom you speak 
And how, and when, and where. 
Albert Ballin telegraphierte mir „glücklich und von Herzen dankbar“, 
daß ich in der hohen Stellung dem Vaterland erhalten bliebe. Der General
	        
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