XXXI. KAPITEL
Wilhelm II. hält nach außen noch zu Bülow » Deutsch-französische Beziehungen
Briefe des Grafen Metternich « Die Würfel fallen im Reichstag - Abstimmung vom
24. VI. 1909 » Bülows Demissionsgesuch « Audienz bei Wilhelm II. in Kiel » Herr
von Bethmann Hollweg als Kanzler in Aussicht genommen - Kabinettsrat von Valentini-
Frühstück an Bord der Jacht des Fürsten von Monaco » Abschied vom Kaiser, Bülows
letzte Ermahnungen » Herr von Valentini wünscht Kanzlerwechsel erst im Herbst
e näher die entscheidende Abstimmung des Reichstags über die Erb-
J schaftssteuer rückte, um so eifriger wurden von meinen Gegnern abfäl-
lige Äußerungen Seiner Majestät über mich kolportiert. Ich konnte an
ihrer Authentizität nicht zweifeln, obschon der Kaiser bis unmittelbar vor
der Ablehnung der Erbschaftssteuer durch den Reichstag in seinen öffent-
lichen Kundgebungen sich demonstrativ auf meine Seite stellte. Noch am
22. Juni 1909 hielt Wilhelm II. in Cuxhaven bei dem Festmahl des Nord-
deutschen Regattavereins an Bord des zehn Jahre früher auf der Werft
des Vulkan in Stettin von mir getauften Hapag-Dampfers „Deutschland“
eine Rede, in der er der bestimmten Hoffnung Ausdruck gab, daß in der
Frage der Reichsfinanzreform, dieser für unser Vaterland nach innen wie
nach außen unumgänglich notwendigen Reform, Gemeinsinn über Partei-
sinn siegen würde. In schwungvollen Worten teilte er gleichzeitig den um
ihn versammelten Sportsfreunden mit, daß er mit Seiner Majestät dem
Kaiser aller Reußen bei der Zusammenkunft in den finnischen Schären
sich über eine energische Bekräftigung und Verteidigung des Friedens
geeinigt habe. „Wir fühlen uns als Monarchen unserem Gott verantwortlich
für das Wohl und Wehe unserer Völker. Alle Völker brauchen den Frieden.
Daher werden wir beide stets danach streben, mit Gottes Hilfe für Förde-
rung und Wahrung des Friedens zu wirken. Unter diesem Frieden kann sich
natürlich auch der Sport in vollster Weise entwickeln.“ Es lag im Interesse
meiner Friedenspolitik, mit der Wilhelm II. ehrlich und aufrichtig einver-
standen war, daß er trotz seiner alten Abneigung gegen die „Japs‘“ auf
meinen Wunsch zwei japanische Prinzen, dieim Frühjahr nach Deutschland
gekommen waren, mit einer Einladung nach dem Neuen Palais in Potsdam
beehrte, sie freundlich behandelte, sie an einer Potsdamer Parade teil-
nehmen ließ und ihnen sogar den Schwarzen Adlerorden verlieh. Es war