EINE PARTIE FÜR DEN KRONPRINZEN 49
sais bien que je suis laid““, meinte jener Franzose, „mais je n’aime pas qu’on
me le dise.““ Da sich die Beziehungen zwischen Posadowsky und den Ver-
tretern der Doppelmonarchie auch persönlich immer weniger freundlich
gestalteten, so sah unser Staatssekretär des Innern selbst ein, daß er nicht
weiterkam. Statt dies ruhig einzugestehken — non omnia possumus
omnes —, beschuldigte er unseren Botschafter, den Grafen, späteren
Fürsten Karl Wedel, ihn nicht ausreichend unterstützt zu haben. Wedel,
als alter Gardeulan, nahm die Sache persönlich und frug sich und mich, ob
er Posadowsky fordern solle. Ich mußte letzteren nach Berlin zurückrufen
und dort die Verhandlungen mit den von Wien entsandten österreichischen
Delegierten persönlich führen. Jakob Grimm hat schon vor einem halben
Jahrhundert und länger geschrieben, daß die Deutschen in allen formalen
Fragen, wo es sich um verhältnismäßig nebensächliche Punkte handle,
streitsüchtiger und rechthaberischer wären als irgendein Volk. In großen
Fragen operiere der Deutsche im allgemeinen unbeholfener und unglück-
licher als jeder andere.
Unter den österreichischen Delegierten, mit denen wir in Berlin bald zu
einer vollen Verständigung gelangten, fiel mir durch seine Gewandtheit
Baron Max Beck auf. Er war bei der Vorbereitung der Heirat des Erz-
herzogs Franz Ferdinand mit Sopherl Chotek der juristische Beistand
Seiner Kaiserlichen Hoheit gewesen. Er trug in seiner Brusttasche ein Bild,
das den Erzherzog Arm in Arm mit der Erwählten seines Herzens dar-
stellte und das die Unterschrift trug: „Ein glückliches Paar dem treu be-
währten Freund.“ Als Beck bald nachher als österreichischer Minister-
präsident ein auf dem allgemeinen Stimmrecht beruhendes Wahlgesetz
durchbrachte, das gerade die Klerikalen und manche Aristokraten ge-
wünscht hatten, fiel er bei dem launischen Erzherzog in tiefe Ungnade.
Wie oft vergessen auch kluge Leute den weisen Rat des Psalmisten: „Ver-
lasset euch nicht auf Fürsten‘ (Psalm 146, 3). Den Abschluß der übrigen
Handelsverträge konnte ich vertrauensvoll meinen bewährten Mitarbeit
insbesondere Exzellenz von Körner, überlassen.
Die Verheiratung des Kronprinzen beschäftigte seit Jahr und Tag seine
treue Mutter, die Kaiserin Auguste Viktoria. In ihrer schlichten Frömmig-
keit und strengen Sittlichkeit wünschte sie, daß ihre Söhne möglichst früh
heiraten möchten, um rein und unberührt in den Stand der heiligen Ehe
zu treten. Für den ältesten Sohn des Kaiserpaares wurde zunächst an eine
der Töchter des Herzogs von Cumberland gedacht. Die Kaiserin, die selbst
die Tochter eines nicht zum Ziel gelangten Prätendenten war, empfand
begreifliche Sympathie für das welfische Haus, das, ebenso wie das hol-
steinische, der großen Politik des großen Fürsten Bismarck zum Opfer
gefallen war. Philipp Eulenburg, der mit seiner eminenten persönlichen
4 Bülow II
Hohenzoliern-
Cumberland