98 OSTPREUSSEN
für König und Vaterland, für Kaiser und Reich mit dem Tode, noch mehr
wurden verwundet, zum Teil schwer. In dem Nachruf, den ich nach dem
Ende des Krieges den Gefallenen widmete, sagte ich: „Gleich den vielen
Bülows, die in früheren Kriegen in den Tod gegangen sind, starben auch
diese Helden freudig für das Vaterland in der Hoflnung auf den Endsieg
und eine glückliche Zukunft. Wohl ihnen, daß sie sich für das deutsche
Volk opfern durften, ohne den Zusammenbruch des Reichs zu erleben. Das
Andenken an diese tapferen Vettern wird in den Herzen aller Bülows fort-
leben, den kommenden Geschlechtern zur Mahnung an den Geist, der
Preußen und Deutschland einst groß gemacht.“
Von Doberan aus suchten wir das Städtchen Rehna auf, für dessen
Kloster meine Familie vor der Reformation manche Benefizien und
Seelenmessen gestiftet hat. Wir standen auf dem nicht weit von Rehna
gelegenen Hügel, auf dem noch spärliche Überreste der Burg Bülow zu
erblicken waren. Die Burg selbst ist von der Erde verschwunden, der Pflug
geht über sie bin. Aber herrlich ist von dem Hügel, auf dem sie einst stand,
der Blick auf das fruchtbare Land gen Lübeck zu und die Neustädter
Bucht. Im Hochsommer verlebten wir einige Zeit bei meinem alten Freunde
und Regimentskameraden, dem Grafen August Dönhoff, auf seinem
schönen Sitz Friedrichstein in Ostpreußen. Wir besuchten von dort auf
ihrem Schlosse Preyl die Gräfin Margarete Lehndorff, eine Tochter des
Hauses Kanitz, das Schenkendorf besungen hat und das Preußen aus-
gezeichnete Männer und Frauen stellte, die Witwe des seit meiner Jugend
von mir hochverehrten Generaladjutanten unseres alten Kaisers, des
Grafen Heinrich Lehndorff. Ich suchte auch Königsberg auf, einst die
Residenz der Hochmeister, dann der Herzöge von Preußen, später die
Weihestatt des preußischen Königtums und endlich nach dem Sturze von
1806 die Stätte, von der die Wiedergeburt Preußens ausging. In jenen
Tagen, wo Friedrich Wilhelm III.im schlichten Überrock und in der
schlichten Haltung, in der er im Berliner Tiergarten der Königin Luise
gegenübersteht, durch die Straßen von Königsberg ging, da bereiteten
Stein, Hardenberg, Niebuhr und Wilhelm von Humboldt im stillen das
Werk der Volksgesundung, Volkserhebung und Volksbefreiung vor. Ich
freute mich der Erinnerung, daß die Tochter des edlen Wilhelm von
Humboldt, meine Großtante Gabriele Bülow, bei der Krönung unseres
guten alten Königs und Kaisers Wilhelm I. als Oberhofmeisterin der
Königin Augusta fungierte. Auch bei der Krönung des ersten preußischen
Königs hatte eine Bülow als Oberhofmeisterin neben der Königin Sophie
Charlotte, der Freundin von Leibniz, gestanden, Christina Antoinetta
Bülow, eine geborene Krosigk a. d. H. Hohen-Erxleben, die Gemahlin des
Reichsfreiherrn Wilhelm Dietrich Bülow, des Oberhofmeisters der philo-