Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

162 WAS HÄTTE BÜLOW GESAGT? 
zwischen Österreich-Ungarn einerseits, Rußland und Serbien andererseits 
zu einer schweren Krisis führen, eine solche zu Rüstungen, das heißt zu 
akuter Kriegsgefahr. Frankreich werde sich sofort auf die Seite der 
Russen stellen. Es wäre seit einem Vierteljahrhundert nie zweifelhaft ge- 
wesen, daß im Falle eines deutsch-französischen Zusammenstoßes die 
Russen vielleicht einige Zeit zögern könnten, bevor sie gegen uns gingen, 
daB aber bei einem russisch-deutschen Konflikt die französischen Gewehre 
von selbst losgehen würden. Und wenn, hätte ich geschlossen, wir uns im 
Kriege mit Rußland und Frankreich befänden, wäre es mehr als wahr- 
scheinlich, daß England eine so glänzende Konjunktur benutzen würde, um 
ohne unverhältnismäßiges Risiko für sich selbst seinen gefährlichsten 
Rivalen in Handel, Schiffahrt und Industrie abzuwürgen, zumal dieser 
wirtschaftliche Rivale zugleich der mächtigste Kontinentalstaat wäre, also 
nach alter englischer Auffassung sein traditioneller Gegner. Ich hätte 
gefragt, ob wir im Falle eines Krieges der Italiener und Rumänen sicher 
wären. Ich bemerke ausdrücklich, daß eine solche Sprache von meiner 
Seite in keiner Weise ein Beweis besonderen politischen Scharfsinns oder 
auch nur größerer diplomatischer Erfahrung gewesen wäre. Ich wiederhole, 
daß Metternich, Mühlberg, Brockdorff-Rantzau, Bernstorf!, Mumm, Rosen, 
jeder normale deutsche Diplomat nach meiner Überzeugung im Juli 1914 
sich so aussprechen mußte.
	        
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