200 LISTIGE HALBREIT
bemüht, mich davon zu überzeugen, daß ich auf seine loyale Unterstützung
bauen könne.
Den kleinen Jagow fand ich in giftiger Stimmung. Er hatte kurz vorher
dem Fürsten Wedel, der be: ihm für meine Entsendung nach Rom plädiert
hatte, gesagt, niemand könne von ihm verlangen, daß er seinem liebsten
Freunde, Hans von Flotuw, bitteres Herzeleid bereite. Mir gegenüber
meinte er, ich würde wohl selbst von der mir zugedachten Aufgabe nicht
sehr begeistert sein. Besser als Flotow könne es niemand machen, das habe
erst kürzlich der „Corriere della Sera‘“ anerkannt und sich für das Bleiben
von Flotuw ausgesprochen. Als ich erwiderte, daß das genannte Blatt das
deutschfeindlichste in ganz Italien wäre, schwieg Jagow und machte dabei
ein bis zum Komischen verlegenes Gesicht.
Von allen Seiten hörte ich, daß Reichskanzler und Auswärtiges Amt alles
ihnen Mögliche versucht hätten, um meine Entsendung nach Rom zu
verliindern. So hatte mir der Mitarbeiter des „Berliner Lukalanzeigers“
Herr Eugen Zimmermann schon im November geschrieben: „Im Aus-
wärtigen Amt erklärte das Pressebüro auf Anfrage des Scherl-Verlages,
Eure Durchlaucht hätten es abgelehnt, die Leitung der römischen Botschaft
zu übernehmen; vielleicht sei es auch besser, während des Krieges keinen
Wechsel in Rom eintreten zu lassen. Von anderer Seite hörte ich, Jagow
habe im Einvernehmen mit dem Kanzler Bethmann sich geweigert, für
Euer Durchlaucht Entsendung nach Rom auch nur einen Finger zu rühren.
Der Kanzler habe auch den Kaiser in diesem Sinne bearbeitet. Sicher
scheint mir, daß man ganz allgemein Angst hat, Fähigere als die augen-
blicklichen Machthaber ans Licht zu lassen. So begreiflich das menschlich
ist, so bedenklich ist es für die Sache und nameutlich in so schwerer Zeit!
Jeder müßte lieber heut als morgen auf den Platz gestellt werden, auf dem
er am meisten helfen und nützen kann, sonst können wir diesen Kampf
nicht gewinnen.“ Um dieselbe Zeit schrieb mir ein damals ganz rechts ge-
richteter Journalist, Herbert von Berger, der ein im orthodox-konserva-
tiven Geist gehaltenes Buch über den konservativen Staatsrechtslehrer
Stahl geschrieben hatte, der Wunsch, mich nach Rom gehen zu sehen, sei
nun auch in die Presse gekommen. Leider! müsse man sagen, angesichts
der Stimmung an maßgebender Stelle, beim Reichskanzler und im Aus-
wärtigen Amt. In der „Frankfurter Zeitung‘ heiße es offiziös, Fürst Bülow
werde ohnehin nach Rom gehen, auch ohne besondere Mission. Darauf
wolle man hinaus: meine Rückkehr nach Rom zum gewohnten Winter-
aufenthalt gegenüber der deutschen öffentlichen Meinung auszunützen und
aus ihr möglichsten Vorteil zu ziehen, ohne doch zu offizieller Bekräftigung
und Bestätigung zu schreiten. Diese Denkweise in ihrer „listigen Halbheit“
sci unendlich bezeichnend für Bethmann Hollweg und seine Leute. „Euer