Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

EIN WITZ ÜBER DEUTSCHE DIPLOMATEN 201 
Durchlaucht werden das schon durchschaut haben und auf dem Ganzen 
bestehen. Und sicherlich wünsche ich, als Euer Durchlaucht treuest er- 
gebener Anhänger, wie jetzt selbst Eurer Durchlaucht alte Gegner, daß bald 
zu lesen ist, Euer Durchlaucht seien dem Reichsdienst wiedergegeben.“ 
Ende November 1914 schrieb mir Fürst Wedel, er habe den General- 
adjutanten von Plessen auf die „völlige Unzulänglichkeit‘‘ der deutschen 
Vertretung in Rom hingewiesen. Er habe dabei die „direkt skandalöse Tat- 
sache“ betont, daß Frau von Flotow sich in Stockholın verstecke, weil sie 
sich nicht zu ihrem deutschen Manne zu bekennen wage, daß sie dort in 
enger Fühlung mit der russischen Gesandtschaft stehe und daß der Stief- 
sohn unseres römischen Botschufters in den Reihen unserer Feinde gegen 
uns kämpfe. Jagow sträubte sich noch immer gegen die Abberufung seines 
„Busenfreundes“. Aber die Zeiten wären so ernst, daß alle Mann an Bord 
gehörten. Loebell schrieb: „Durch Annahme der Berufung nach Rom 
bringen Sie ein großes Opfer, aber ich bin überzeugt, es wird gern gebracht, 
denn zu allen Zeiten war das Wohl des Vaterlandes (lie einzige Richtschnur 
Ihrer Handlungen. Es will mir scheinen, als ob die Stimmung in Italien 
gerade jetzt wieder viel zu wünschen übrig läßt. Es ist dort gar zu viel 
verdorben und zu viel Unheil angerichtet worden, was doch hätte vermieden 
werden können.“ Mein verständiger und abgeklärter Bruder Alfred schrieb 
mir, sobuld er von der Möglichkeit meiner Entsendung nach Rom hörte, 
ich dürfe mich trotz aller Schwierigkeiten, trotz aller gegen mich gerichteten 
Umtriebe und Intrigen, trotz der Unzuverlässigkeit und Unaufrichtigkeit 
der Berliner Leitung einem Rufe des Kaisers nicht entzichen. Er fügte hinzu: 
„Gebe Gott, daß in einer so schwerwiegenden, so ernsten, unser Land und 
sein Wolıl betreffenden Frage bei der Leitung unserer auswärtigen An- 
gelegenheiten nur vaterländische Gesichtspunkte und nicht persönliche 
Engherzigkeit und Interessiertheit eine Rulle spielen werden! Das wäre un- 
verantwortlich. Übrigens ist die Mißstimmung gegen unsere derzeitigen 
Diplomaten und das derzeitige Auswärtige Amt in Deutschland eine große. 
Man macht den Witz: Die französische Regierung hätte sondiert, welche 
Friedensbedingungen wir stellen würden. Wir hätten erwidert, Regulierung 
der Vogesengrenze, Schleifung von Toul, Nancy, Verdun usw. Darauf 
wären die Franzosen eingegangen. Dann hätten wir aber die Forderung 
gestellt, die Franzosen müßten fünf oder sechs unserer gegenwärtigen 
hohen Diplomaten übernehmen. Auf diese Bedingung hätten aber die 
Franzosen erklärt auf keinen Fall eingehen zu können.“ 
Über die Erbärmlichkeit der gegen mich gesponnenen Intrigen und die 
Jämmerlichkeit der Berliner politischen Leitung hoben mich die Kund- Vertrauens- 
gebungen des Vertrauens und der Sympathie hinweg, die mir spontan von Kundgebun- 
vielen Seiten zugingen. Großherzogin Luise von Baden telegraphierte mir 8°"
	        
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