Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

244 DER ERZIELTE AUFSCIIUB 
Spitze dieses Dienstes gestanden hat. Unter Wahrung dieser Diskretion bin 
ich der von mir wohlbekannter Seite verbreiteten tendenziösen und un- 
wahren Behauptung entgegengetreten, als ob ich nach meinem Eintreffen 
in Rom die Verhältnisse zu schwarz gemalt hätte, wenn ich pflichtgemäß 
auf die Gefahr eines italienischen Vorgehens gegen Österreich hinwies. Die 
Tatsache, daß es mir trotz der größten Schwierigkeiten und allem, was vor 
meinem Eintreffen in Rom versäumt und verdorben worden war, gelungen 
ist, dieses italienische Vorgehen um Monate hinauszuschieben, darfich wohl 
als Beweis dafür gelten lassen, daß meine persönliche Position in Rom, die 
ich rückhaltlos in den Dienst des Landes gestellt habe, eine bessere war, als 
mündlich und schriftlich von einer anderen, Ihnen ebenfalls bekannten 
Stelle, vor meiner Entsendung nach Rom verbreitet wurde. Wenn Sie, 
lieber Herr von Bethmann, auf angebliche Äußerungen von mir über die 
Vorgeschichte des Krieges hindeuten, so bitte ich, mir diejenige Person 
zu nennen,die gewagt hat, zu behaupten, daß ich in meinen Worten gerade 
über diesen Gegenstand Unzutreffendes gesagt und die Grenzen über- 
schritten hätte, die mir mein Patriotismus, meine Vergangenheit und meine 
persönliche Würde ziehen. Ich weise jede derartige Insinuation mit der 
größten Entschiedenheit zurück. Es bedarf für mich nicht der Erinnerung, 
daß in dem furchtbaren Kampf, in den die Nation hineingeführt worden 
ist, Einheit und Geschlossenheit nottun. Daß solche Geschlossenheit und 
Einheit die Vorbedingung wie des Sieges so eines würdigen Friedens sind, 
ist mir wohl bewußt, und wo ich Gelegenheit fand, habe ich gerade dies 
betont. Wenn Ihnen hinterbracht sein sollte, ich hätte geäußert, dieser 
Krieg streife nahe an einen Präventivkrieg, u. ä., so ist der Denunziant 
entweder nicht imstande, die Tragweite einer politischen Äußerung richtig 
einzuschätzen, oder er sat bewußt die Unwahrheit. Was aber meine eigene 
Amtsführung anlangt, so möchte ich hier nicht auf diesen Gegenstand aus- 
führlicher eingehen und beschränke mich auf den Hinweis, daß Sie mit 
den Vorgängen von 1905 und 1908/1909 naturgemäß nicht näher ver- 
traut sein können. Ich will hier nur daran erinnern, daß es mir gelungen 
ist, unter Aufrechterhaltung des Friedens mit Frankreich, Japan und vor 
allem mit England, guter Beziehungen zu Rußland, unter Erhaltung der 
österreichischen Machtstellung wie der Integrität der Türkei die Vor- 
bedingungen für den Bau unserer Flotte in zwölf sehr kritischen Jahren zu 
schaffen, während deren sich Wohlstand und Machtstellung des Reichs zu 
schöner Blüte entfalteten. Das werden Sie gewiß anerkennen, der Sie 
während der fünf Jahre zwischen dem Juni 1909 und dem Juli 1914 oft 
hervorgehoben haben, daß wir trotz gelegentlicher Differenzen in dieser 
oder jener Einzelfrage in friedlichen und freundlichen Beziehungen zu Ruß- 
land wie zu England und sogar zu Frankreich stünden, die in der Begegnung
	        
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