DIE KUNDGEBUNGEN ZU BÜLOWS RÜCKTRITT
(Zu Seite 10 des vorliegenden Bandes)
Bei meinem Rücktritt bereitete mir besondere Genugtuung die Adresse
des Bundesrats, der von meinem Scheiden aus der Stellung des Kanzlers
und damit aus dem Vorsitz des Bundesrats ‚‚mit tiefem Bedauern“ Kenntnis
nahm. „Zwölf Jahre hat der Bundesrat sich Ihrer Leitung erfreuen dürfen.
Diesen ganzen Zeitabschnitt durchzieht die von Erfolgen gekrönte Wirksam-
keit, welche Eure Durchlaucht als Berater Seiner Majestät des Kaisers auf
dem Gebiet der auswärtigen Politik, in der Ordnung der deutschen Wirt-
schaftsverhältnisse und Handelsbeziehungen und in der inneren Gesetz-
gebung entfaltet haben, nicht minder die sorgliche Pflege, die Sie den
Interessen aller Bundesstaaten angedeihen ließen. Wenn sich jetzt das
Band gemeinsamer Arbeit löst, so geleitet Euer Durchlaucht das Bewußt-
sein, daß die glänzende Periode Ihres Schaffens und Kämpfens bei dem
Bundesrat, der Ihnen seinen ehrerbietigsten Abschiedsgruß darbringt, in
dankbarem Gedächtnis bewahrt bleibt.“
Alle deutschen Bundesfürsten ohne Ausnahme sprachen mir ihr tiefes
Bedauern über mein Scheiden und uneingeschränkten Dank für mein amt-
liches Wirken aus. Der damals schon achtundachtzigjährige Prinzregent
Luitpold von Bayern schrieb mir, daß die Nachricht meiner Entlassung
aus dem Amt des Reichskanzlers ihn mit aufrichtigem Schmerz erfülle:
„Ich weiß wohl“, hieß es weiter in seinem Brief, „die ausgezeichneten
Dienste zu schätzen, die Sie Kaiser und Reich während vieler Jahre in
aller Hingebung geleistet haben. Mit der Achtung vor den Rechten der
Bundesstaaten haben Sie stets volles Verständnis für die Interessen und
Anliegen der Einzelstaaten, insbesondere auch Bayerns, verbunden.“
König Wilhelm von Württemberg schrieb mir aus seinem Schloß Fried-
richshafen am Bodensee: „Anläßlich Ihres von mir lebhaft bedauerten Aus-
scheidens aus dem Dienste des Reichs ist es mir ein besonderes Bedürfnis,
Eurer Durchlaucht als deutscher Bundesfürst meinen aufrichtigsten und
wärmsten Dank auszusprechen für das, was Sie in einer an Erfolgen reichen,
glänzenden Laufbahn als erster Beamter des Reichs zur Wohlfahrt des
deutschen Vaterlandes und seiner Glieder gewirkt haben, und nicht minder
für die meiner Regierung betätigte bundesfreundliche Gesinnung. Indem
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Adresse des
Bundesrats
Bundes-
fürsten und
Bundes-
regierungen