338 FRIEDRICH AUGUST — GROSSHERZOG FRIEDRICH
ich Ihnen von Herzen eine lange Reihe schöner Lebensjahre wünsche, ver-
bleibe ich in aufrichtiger Hochachtung Ihr dankbar ergebener Wilhelm.“
Aus Dresden telegraphierte mir König Friedrich August: „Eurer
Durchlaucht spreche ich mein aufrichtiges Bedauern aus, daß widrige
politische Verhältnisse Ihren Rücktritt notwendig machten. Ich danke
Eurer Durchlaucht für alles, was Sie in besonderer Weise für mein Land
getan haben. Ich weiß mich eins mit meiner Regierung in der Hochachtung
und Liebe für den scheidenden Reichskanzler und in der Ansicht, daß
Eurer Durchlaucht Entwurf zur Finanzreform doch der beste und für das
Reich wie für die Einzelstaaten ersprießlichste Vorschlag war.“ Der
sächsische Finanzminister Rüger, ein Staatsmann und gleichzeitig ein her-
vorragender Fachmann, hatte mir schon während der Krisis, die meinem
Rücktritt voranging, geschrieben: „Ich bitte, im Namen der sächsischen
Regierung das dringende Ersuchen an Eure Durchlaucht richten zu dürfen,
trotz der unendlichen Widerwärtigkeiten der letzten Monate auf dem
schweren Posten des Reichskanzlers auszuharren. Andernfalls würden die
Konservativen und das Zentrum nicht mit Unrecht sich den Erfolg zu-
schreiben, den Kanzlerwechsel herbeigerufen zu haben, und würden in dem
Gedanken bestärkt werden, daß konsequentes Festhalten an ihren Ab-
sichten und Plänen ihnen trotz alles Widerstands des Bundesrats zum
Siege verhelfen müßte.“
Großherzog Friedrich von Baden telegraphierte mir aus Stockholm,
wo er zum Besuch seiner Schwester, der Königin Viktoria von Schweden,
weilte: „Erfahre mit aufrichtigem Bedauern die Genehmigung Ihres Ab-
schiedsgesuchs. Ich gedenke bei Ihrem Scheiden mit warmer Dankbarkeit
der hervorragenden Dienste, die Sie unserem Vaterlande geleistet haben,
und begleite Ihr ferneres Wohlergehen mit aufrichtigsten Wünschen.“ Amt-
lich berichtete der langjährige Gesandte in Karlsruhe, von Eisendecher:
„Von allen Seiten höre ich Stimmen schmerzlichen Bedauerns, daß Eure
Durchlaucht gezwungen und entschlossen sind, das hohe Amt des ersten
Beamten im Reich einem Nachfolger zu überlassen. Die Empörung über den
Undank und die verblendete Selbstsucht gerade derjenigen Parteien, die
Eurer Durchlaucht nur Dank schulden und solchen Entschluß in erster
Linie veranlaßt haben, ist allgemein. Ihre Schuld wird sich in der Folge
noch bitter rächen. Immer mehr gewinnt man hier die Überzeugung, daß
Eure Durchlaucht dem Reiche ganz hervorragende Dienste geleistet haben,
daß Eurer Durchlaucht aufrichtigster Dank gebührt und es schwer halten
wird, geeigneten Ersatz zu finden. Alle verständigen Leute sehen mit Be-
sorgnis in die Zukunft, in gewiß nicht unberechtigtem Zweifel, ob der neue
Kanzler mögliche Schwierigkeiten und Konflikte in derselben vornehm-
ruhigen, erfolgreichen Weise zu lösen imstande sein werde, wie das Eurer