PRINZ MAX VON BADEN 339
Durchlaucht nicht selten gelungen ist. Dabei ahnen sicher die wenigsten,
welche Widerstände außerhalb des Bereichs der Öffentlichkeit oft zu
überwinden waren und was an politischer Schädigung durch Eurer Durch-
laucht Einsicht im stillen verhindert werden konnte. Die Finanzweisheit
der Reichstagsmehrheit wird hier im ganzen schr gering bewertet. Man hält
die neuen Steuerprojekte für zu kompliziert, zu kostspielig in der Ver-
waltung und nachteilig für die wirtschaftliche Entwicklung. Allgemein
beginnt die urteilsfähige Bevölkerung einzusehen, daß die ursprünglichen
Vorlagen der Regierung als gerechter, billiger und weniger schädlich bei
weitem den Vorzug verdient hätten. Ihre Königliche Hoheit die Groß-
herzogin Luise und Staatsminister von Dusch beklagten mir gegenüber
besonders lebhaft Eurer Durchlaucht bevorstehendes Scheiden aus dem
Amte. Auch Seine Königliche Hoheit der Großherzog, mit welchem ich noch
nicht sprach, hat sich, wie ich höre, in gleichem Sinne geäußert, und die
gesamte großherzogliche Regierung hegt ohne Zweifel dasselbe Gefühl auf-
richtigsten Bedauerns.““ In einem an mich gerichteten Privatbrief schrieb
mir Herr von Eisendecher eine Woche später: „Eure Durchlaucht wollen
glauben, daß ich Ihr Scheiden aus dem hohen verantwortlichen Amt im
Interesse des Kaisers und des Reichs auf das tiefste beklage. Möchten Eurer
Durchlaucht hervorragende Verdienste um Kaiser und Reich immer mehr
allseitig erkannt werden. Das Wörtchen allseitig, in dem die Silbe „all“
zweimal unterstrichen war, zielte natürlich auf Seine Majestät den Kaiser
Wilhelm II.
Prinz Max von Baden schrieb mir aus seinem Schloß Salem am Boden-
see: „Mein lieber Fürst, die langjährigen, mich hoch beglückenden Be-
ziebungen, welche mich mit Eurer Durchlaucht und der Frau Fürstin ver-
binden, berechtigen mich gewiß dazu, meinem Schmerz Ausdruck zu ver-
leihen über das Scheiden Eurer Durchlaucht. Es will mir so wenig in den
Sinn, daß Sie Ihren hohen Posten verlassen, daß ich mir die betrübende
Tatsache wieder vergegenwärtigen muß. Doch je mehr ich es tue, um so
weniger Gefallen finde ich daran. Meine treuesten Wünsche begleiten Sie
auf Ihrem ferneren Lebensweg, in Ihrem unvergleichlichen Heim, der Villa
Malta, hinter sich den Kampf und die Macht, vor sich die Schönheit und
die Ruhe, der Ihr Geist Bedeutung und Reichtum geben wird. In alter An-
hänglichkeit bleibe ich stets Eurer Durchlaucht ergebener Prinz Max
von Baden.“ Die Mutter des Prinzen Max, eine geborene Prinzeß Leuch-
tenberg-Romanowsky, eine Enkelin des Zaren Nikolaus I., telegra-
phierte mir: , Prie accepter l’expression de tous mes regrets sincäres de vous
voir quitter votre position et l’assurance que ma vive sympathie vous
entourait tous ces derniers temps. J’espere que les chemins de nos vies se
croiseront encore. Mes compliments sinctres ä la Princesse.““
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