Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

52 DIE ALLERHÖCHSTEN ÄUSSERUNGEN 
dem von Lord Roberts durchgeführten ziemlich identisch gewesen wäre; 
die Behauptung, daß wir unsere Flotte mit dem Hintergedanken bauten, 
sie im Stillen Ozean, d. h. gegen Japan, zu verwenden. Ich habe, bevor das 
Interview erschien, nicht geahnt, daß Seine Majestät sich über diese drei 
Punkte in der im ‚Daily Telegraph‘ angegebenen Weise in England aus- 
gesprochen hatte, geschweige denn, daß ich mich nachträglich mit einer 
solchen Sprache einverstanden erklärt oder gar dazu geraten hätte. Ich 
habe Seine Majestät während meiner Amtszeit stets eindringlich um Vor- 
sicht und Zurückhaltung in politischen Gesprächen gebeten. Ich habe einen 
großen Teil meiner Zeit und Arbeitskraft darauf verwenden müssen, die 
stattgefundenen Entgleisungen und Indiskretionen wiedergutzumachen. 
Ich habe Seine Majestät speziell gebeten, den Engländern kein Wort zu 
sagen, das Russen und F'ranzosen, Japaner und Amerikaner nicht wieder- 
erfahren könnten. Ich wäre mir natürlich nicht einen Augenblick darüber 
im Zweifel gewesen, daß eine so drastische Anschwärzung der Russen und 
Franzosen bei den Engländern von letzteren nur als ein Versuch aufgefaßt 
werden würde, die von ihnen angebahnte Annäherung an jene Länder zu 
durchkreuzen, und daß damit das gerade Gegenteil der gewünschten 
Wirkung erzielt werden mußte. Die Allerhöchste Äußerung über den 
Feldzugsplan gegen die Buren kann ich schon deshalb nicht angeraten oder 
gutgeheißen haben, weil ich den betreffenden Brief Seiner Majestät an die 
Königin Victoria gelesen hatte und wußte, daß derselbe nur aphoristische 
und akademische Betrachtungen über Kriegführung enthielt und für den 
Ausgang des südafrikanischen Feldzuges nicht von praktischer Bedeutung 
gewesen sein konnte. Und was endlich Japan angeht, so habe ich Seine 
Majestät immer und immer wieder gewarnt, dieses empfindliche und 
mißtrauische Volk nicht noch argwöhnischer zu machen, als es durch 
mancherlei Vorgänge (‚Völker Europas, wahrt eure heiligsten Güter!‘, 
Reden über ‚Yellow peril‘ usw. usw.) ohnehin geworden sei. Ich entsinne 
mich, daß ich vor zwei oder drei Jahren telegraphisch einen schon seit 
mehreren Tagen abgegangenen Brief Seiner Majestät an Roosevelt zurück- 
gehalten habe, weil er mir, als ich nachträglich von seinem Inhalt erfuhr, 
unvorsichtige Wendungen über Japan zu enthalten schien. Ich kann mich 
nicht erinnern, Seiner Majestät im Herbst 1907 während seines Besuchs in 
England überhaupt über die von ihm geführten Unterredungen geschrieben 
zu haben. Ich glaube es nicht. Das aber kann ich mit der äußersten Be- 
stimmtheit erklären, daß ich mich gegenüber Seiner Majestät mit Äuße- 
rungen wie die vom ‚Daily Telegraph‘ wiedergegebene über jene drei 
Punkte niemals weder schriftlich noch mündlich, weder brieflich noch 
telegraphisch einverstanden erklärt habe noch einverstanden erklären 
konnte. Die ‚Deutsche Tageszeitung‘ behauptet, Seine Majestät der Kaiser
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.