IM WECHSEL DER ZEITEN 69
Rom wch ist, dem wird’s nirgends wohl werden.“ Goethe war anders als
Herder. Als König Ludwig ihm am 26. März 1829 mitteilte, daß er die Villa
Malta erworben habe, meinte unser größter Dichter voll Begeisterung zu
seinem treuen Eckermann: von dieser Villa aus könne man das ganze Rom
überschauen. Es sei eine Aussicht, welche zu genießen man weit reisen
würde. Goethe läßt durch seinen Diener Friedrich einen Kupferstich von
Rom kommen. „Sehen Sie“, sagt er zu Eckermann, „was das für eine Lage
ist. Das ganze Rom streckt sich ausgebreitet vor Ihnen hin. Der Hügel ist
so hoch, daß Sie gegen Mittag und Morgen über die Stadt hinausschen.
Hier liegt Sankt Peter, dort der Vatikan. Der König hat sich wahrlich einen
schönen Platz ausgesucht.“
Auch der große Name von Wilhelm von Humboldt ist mit der Villa ver-
bunden. Er zog dort 1801 ein, begleitet von Frau und Kindern, unter diesen
die kleine Gabriele, die später meinen Großonkel Heinrich Bülow heiraten
sollte, den 1846 verstorbenen preußischen Gesandten in London und
Minister des Äußern. Caroline von Humboldt schrieb am 9. Dezember 1802
aus Rom an ihre Freundin Charlotte von Schiller: „Wir haben hier in der
Villa Malta die schönste Aussicht: halb Rom, die Peterskirche, die Latiner-
gebirge, die großen und einzeln liegenden Bergmassen, die den römischen
Horizont begrenzen.“
Als Wilhelm von Humboldt sich von Rom hatte trennen müssen,
nach dem er sich oft zurücksehnte, wenn ihn ein graulicher Tag hinten
im Norden empfing, wurde die Villa Malta das Künstlerheim der „Lukas-
brüder“, Overbeck, Vogel, Pforr. 1827 erwarb sie König Ludwig von
Bayern, der aus ihr 1829 in seinem kuriosen Stil an Goethe schrieb:
„Erfreulich: in seinem eigenen Garten, in freyer Erde wurzelnd, zu dem
freyen Himmel ragend, aus dunklem Laub die Goldorangen blühend zu
sehen. Nach meinem ersten Aufenthalt, zwölf Jahre lang sehnte ich mich
wie nach einer Geliebten nach Roma, jetzo freue ich mich hierherzu-
kommen, wie es freut, eine Freundin wiederzusehen, der Zauber ist ver-
schwunden, einheimisch bin ich, genieße mit Ruhe. Von des Thrones Kette
habe ich mich für einige Zeit befreyt. Lebe als Privatmann glücklich. Mit
den Ihnen bekannten Gesinnungen gegen Teutschlands größten Dichter
bin ich, Herr Staatsminister, der Ihren Wert erkennende Ludwig.“ Das
bescheidene Häuschen, in dem der Bayernkönig so viele Winter verbrachte,
dient jetzt als Gärtnerwohnung. Graf Bobrinski hatte Anfang der siebziger
Jahre ein neues, nicht allzu geräumiges, aber mit künstlerischem Ver-
ständnis und viel Geschmack errichtetes Palais erbaut, in das wir einzogen,
das meine Frau mit unseren Bildern, Gobelins, Teppichen und Möbeln
schmückte und in dem ich den größeren Teil meiner Bibliothek aufstellte,
die mein Vater mit Liebe angelegt und die ich selbst mit Sorgfalt vervoll-