Die altrömische Lebens- und Denkwetse verändert. Die Gracchen. 289
Darauf erneuerten die Römer den Krieg, jedoch nicht mit vielem
Glücke, besonders trotzte seit 143 die Stadt Numantia (am oberen Duero,
das heutige Garrapy unweit Soria). Obwohl sie nur 10,000 Mann
in das Feld stellen konnte, richteten die Römer in dem Gebirgskriege
nichts gegen sie aus und im Jahre 137 konnte sich der Konsul Man-
cinus mit seinem eingeschlossenen Heere nur dadurch retten, daß er mit
den Numantinern einen Vertrag einging, der diesen Freiheit und Frie-
den zu sichern schien. Aber so wenig als ehemals den Samnitern und
zuletzt dem Viriathus wurde der beschworne Vergleich von dem Senate
gzehalten. Mancinus wurde den Numantinern ausgeliefert, weil er
eigenmächtig Frieden geschlossen habe, die Numantiner nahmen ihn aber
nicht an. Dann schickte der Senat den Zerstörer Karthagos, den Scipio;
dieser umschanzte die Stadt, hungerte sie aus, eroberte und zerstörte sie,
nachdem die meisten Einwohner im Kampfe gefallen waren oder sich
selbst getödtet hatten.
So war von den Römern jede Stadt, jedes Volk und Königreich
gestürzt oder vernichtet, von dem sie irgend einmal eine Gefahr für ihre
Herrschaft befürchten konnten; sie glaubten sich vor jedem Feinde sicher
uand verfolgten den Weg zur Weltherrschaft, auf den sie Hannibal und
die griechischen Könige geführt hHatten; bald jedoch erhoben sich Kämpfe
in Rom selbst, die nicht wie die alten zwischen Patriciern und Plebe-
jern enden sollten.
KSechszehntes Kapitel.
Tiberins und Kajus Gracchus (133—121 v. Chr.).
Nie altrömische fedens- und Denkweise verändert.
Durch die großen Kämpfe von 217 bis 145 v. Chr. war der Zu-
stand des gesammten römischen Volkes ein ganz veränderter geworden.
In den früheren Kriegen hatten die Römer mit den wehrhaften itali-
schen Völkern um die Ehre des Vorranges oder um die Oberherrlichkeit
gestritten; der Krieg führte sie nicht über Italiens Gränzen hinaus, sie
wurden nicht mit fremder Sitte und fremden Genüssen bekannt — La-
tiner, Tusker, Sabiner, Samniter, Lukaner u. s. w. waren religiös,
arbeitsam, mäßig und tapfer wie die Römer, wie hätten sie von diesen
Schlechtes lernen können? ja sie konnten diese wackeren Gegner nur be-
siegen, indem sie dieselben an Entsagung, Gehorsam, Ausdauer und
Aufopferung übertrafen, diese Kriege waren demnach eine wahre Schule
römischer Tugenden. Die Siege wurden theuer erkauft, die Kriegsbeute
war selten beträchtlich, weil das Land in dem hartnäckigen Kampfe viel-
Bumüller, Gesch. d. Alterth. 19