Full text: Die Weltgeschichte. Erster Theil. Das Alterthum. (1)

292 Ole Römer. 
aus einem nicht nobeln Hause zu Aemtern gelangte; ein solcher (bomo 
novus) galt ihnen als kecker Eindringling. Ohnedies konnte ein armer 
Mann kaum mehr zu Aemtern gelangen; seit dem ersten punischen Kriege 
mußten die Aedilen die Festspiele selbst bezahlen und da die Kosten sich 
sehr hoch beliefen, so war für alle weniger Begüterte eine Schranke vor 
den Staatsämtern aufgerichtet. 
Die Nobiles aus den plebesischen Familien kümmerten sich so wenig 
um das licinische Ackergesetz als die aus den patricischen; sie okkupierten 
wie diese und kauften die kleinen Güter zusammen, um daraus ein gro- 
ßes Familiengut zu bilden. In Rom stehen also nicht mehr Patricier 
und Plebeje# einander gegenüber, sondern das gemeine und arme Volk 
den reichen Familien der Nobiles. 
Das gemeine Bolk. 
Armes Volk gab es nach den großen Kriegen in Rom so gut als 
vor denselben, ja noch mehr, denn die Kriegsbeute macht den gemeinen 
Soldaten nie reich, wohl aber verschwenderisch, und wenn er aus einem 
vieljährigen Kriegsleben zurückkommt, so befreundet er sich selten mehr 
mit den Geschäften des Landbaues und der Werkstätte. Das gemeine 
Volk hatte sich aber verändert wie das vornehme; der gemeine Soldat 
hatte in Asien und Griechenland gelernt wie der Feldherr, und er trat 
ungerne in das armselige Plebejerleben zurück. Er hielt sich lieber in 
der Stadt auf als auf dem Lande, und in die Stadt strömten auch die- 
jenigen, die ihr kleines Gut verkauften oder verloren, denn in der Stadt 
gab es Verdienst, gab es Versammlungen, Festspiele und — Spenden. 
Die Herren nämlich, welche Aemter suchten, erhielten dieselben durch das 
Stimmenmehr der Bürgerschaft, und von dieser bildete das gemeine Volk 
einen beträchtlichen Theil; diesem machte man nun Geschenke, theilte Geld 
oder Lebensmittel aus oder bereitete ihm Freude durch Schauspiele nach 
seinem Geschmacke. Und gerade bei der müßigen Bevölkerung der Stadt 
griff der Gedanke die tiefsten Wurzeln, daß der Römer zu etwas Bes- 
serem da sei, als daß er den Karst und das Grabscheit zur Hand nehme, 
wenn er eben das Schwert weggelegt habe. Das ging noch an, so 
lange man mit den hartnäckigen Sabinern und Galliern kämpfte und auf 
italischem Boden stand, aber seit alle Länder ringsum zinsbar wurden, 
schien es dem gemeinen Mann billig, daß er auf Kosten der eroberten 
Welt erhalten werde und die Unterworfenen für ihn arbeiteten. So 
verlangte das gemeine Volk seinen Antheil an der großen Beute und 
um so heftiger, je mehr es den Reichthum und die Pracht der Vorneh- 
men anschwellen sah; je mehr diese die alte einfache Sitte verließen, um 
so weniger hielt auch das Volk in der Stadt an derselben fest, denn 
das Beispiel der Vornehmen reißt die Gemeinen immer mit sich fort,
	        
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