Die Normannen. 97
berger und Konradiner oder Rothenburger) und dies mußte die wilden
Ungarn ermuntern, Raubzüge nach Deutschland zu unternehmen. Schon
900 wagten sie einen Einfall durch die Ostmark nach Bayern; sie wur-
den zwar blutig abgewiesen, 906 aber drangen sie (die Böhmen öffneten
ihnen den Weg, deutsche Große aber luden sie ein) nach Sachsen vor
und kehrten mit vieler Beute zurück. 907 überschwemmten sie die Ost-
mark und Bayern und plünderten sie aus; Dörfer, Klöster und Kirchen
gingen in Flammen auf; die Männer wurden niedergemacht oder mit
Riemen, Mädchen und Weiber mit den Haaren, truppweise zusammenge-
bunden und unter Peitschenhieben in die Sklaverei fortgetrieben, die
ganze Ostmark in eine Wüste verwandelt. Da rückte im Sommer ein
starkes süddeutsches Heer unter Ludwig dem Kinde gegen die wilden
Feinde. Aber es zog in drei Haufen getbeilt; der eine unter dem bape-
rischen Herzog Leopold auf dem nördlichen Donauufer, der zweite unter
Erzbischof Dietmar von Salzburg auf dem südlichen, der dritte fuhr
auf Schiffen die Donau hinab. Am 8. August vernichteten unweit des
Einflusses der March die Ungarn Dietmars Heerhaufen, setzten nachts
über den Strom und erschlugen den Herzog Leopold mit den meisten
der Seinigen, am 11. traf den dritten Heerhaufen das gleiche Schicksal,
worauf die Ungarn mit Mord und Brand ganz Bapern heimsuchten.
Das folgende Jahr schlugen sie die Thüringer und verwüsteten deren
Land; die zwei folgenden Jahre drangen sie durch Bayern und Schwaben
an den Rhein und über denselben bis Lothringen vor, dessen Herzog
Gebhard sie erschlugen, und kehrten unangefochten wieder heim. Denn
die deutschen Großen mochten sich gegen die Ungarn so wenig vereinigen,
als die französischen gegen die Normannen, und wie sollte Ludwig das
Kind sie dazu nöthigen? Die Zwietracht der Großen stand in vollster
Blüte, als Ludwig III., der letzte männliche Sprosse der deutschen Karo-
linger, am 20. Juni 911 sein mattes Leben beschloß.
Drittes Kapitel.
Die Normannen.
Unter den Völkern, die unter den Karolingern gegen das christliche
Mitteleuropa anstürmten und dasselbe mit neuer Barbarei bedrohten,
waren die Normannen die kühnsten; aber wie vordem die Germanen
durch ihre gewaltsame Niederlassung in römischen Provinzen dem Chri-
stenthume zugänglicher wurden, so fanden auch die ausgewanderten Nor-
mannen die Einwirkung der christlichen Religion unwiderstehlich, und das
Bumüller, Mittelalter. 7