186 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
Städten Italiens so häufig waren, zu dämpfen gedachte. Friedrich or-
ganisierte nach byzantinischem und saracenischem Vorbilde die Finanz-
verwaltung und einen Beamtenstand, der unmittelbar dem Könige zu
dienen hatte und nicht wie die Lehenträger, die in ihrem Gebiete gleich-
sam wieder Könige waren, daran denken durfte, seine Stellung von
dem Könige so unabhängig als möglich zu machen. Auch ein stehendes
Heer hatte er aufzustellen gewußt; in Sicilien war nämlich die sara-
cenische Bevölkerung noch sehr beträchtlich; schon Friedrichs normännische
Vorgänger hatten dieselben mehr berücksichtigt, als strengen Christen er-
laubt schien und sie in ihren Feldzügen gebraucht; Friedrich siedelte viele
Saracenen in Kalabrien an und räumte ihnen zwei Städte ein, von
denen Luceria die bedeutendste war. Diese Städte waren eigentliche
Militärkolonieen, aus denen Friedrich zu jeder Zeit Heere ausmarschieren
lassen konnte, um so leichter, als die Saracenen recht gut wußten, daß
sie nur durch die Gnade des Kaisers geduldet, gleich den Christen be-
handelt und selbst begünstigt wurden. Denn an Friedrichs Hofe dienten
Saracenen genug, und wenn sie auch weder Herzogs= noch Grafentitel
fübrten, so waren sie dafür Vertraute des Kaisers, der auf ihren Rath
hörte. Friedrichs Hof war überhaupt mehr ein saracenischer als ein
christlicher, und auch hierin waren ihm die Normannen wenigstens bheil-
weise vorangegangen; Bauart und Einrichtung der königlichen Paläste
waren schöner und köstlicher als bei den nordischen; man sah da Sammt
und Seide, welche in Sicilien gewoben wurden, schöne Teppiche und
Divane u. s. w., statt Leder, Pelzwerk, Linnen= und Wollentuch; neben
den Rittern gingen Saracenen aus und ein, und neben Edelfräulein
diente ein ganzer Schwarm saracenischer Mädchen als kaiserlicher Harem.
Friedrich liebte es, mit Mohammedanern umzugehen, mit ihnen zu scher-
zen, über ihre Religion mit ihnen zu sprechen, ihre Einwürfe gegen die
christliche anzuhören, lauter Dinge, die einem christlichen Herrscher nicht
anstanden. Auch mit den Sultanen von Aegypten und Damaskus unter-
hielt er durch Gesandte einen lebhaften freundschaftlichen Verkehr und
unterhandelte mit ihnen wegen des heiligen Landes, während andere
christliche Fürsten und Tausende und abermals Tausende von Kreuz-
fahrern mit dem Schwerte um den Besitz des heiligen Landes warben.
Friedrich im Bann (1227).
Friedrich ließ es geschehen, daß der König Andreas von Ungarn,
Herzog Leopold VII. von Oesterreich und ein ganzes Heer Ritter aus
dem östlichen Deutschland (1217) nach Palästina schifften; er blieb in
Italien, während ein Kreuzheer von mehr als 100,000 Mann unter
unsäglichen Anstrengungen am 3. November 1219 Damiette eroberte,
dessen Bewohner sich erst ergaben, als der Hunger zwei Drittheile hin-