Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

216 Das heilige römische Reich deutscher Nation. 
entstand eine europäische ritterliche Kameradschaft, und der Ritter fand 
überall Genossen, die sein ritterliches Recht anerkannten und nöthigenfalls 
vertheidigten, so daß der kriegsgefangene Ritter sich ritterliches Gefäng- 
niß und ritterliche Behandlung ausbitten durfte. 
Wer Ritter werden wollte, mußte nachweisen, daß er ehelicher Ge- 
burt und freien Geschlechtes sei, ritterlichen Waffendienst und ritterliche 
Sitte ordnungsmäßig erlernt habe. Zum Empfang des feierlichen Ritter- 
schlags bereitete er sich vor durch Gebet, Fasten und den Genuß der 
heiligen Sakramente. Dann gelobte er, täglich die Messe zu hören, für 
den christlichen Glauben zu streiten, die Kirche und deren Diener gegen 
ihre Feinde zu vertheidigen, Wittwen, Waisen und Minderjährige bei 
ihrem Gute zu schützen, ungerechten Krieg zu meiden, für die Befreiung 
eines jeden Unschuldigen mit dem Schwerte einzutreten, Turniere nur 
zum Zwecke kriegerischer Uebung zu besuchen, dem römischen Kaiser zu 
geborchen, den Staat nicht zu schädigen, dem Reiche keine Lehen zu ent- 
fremden und tadellos vor Gott und Menschen zu leben. Hatte er das 
Gelübde abgelegt, so gab ihm ein vornehmer Ritter mit dem Schwerte 
einen Schlag auf den Hals und nahm ihn damit in die Ritterschaft 
auf. Dann folgte ein Fest und Turnier, bei welchem der neue Ritter 
seine Waffenfertigkeit zeigte. Seine Gelübde konnte er wohl nirgends 
besser erfüllen als in Palästina, daher zogen viele hunderttausend Ritter 
nach dem heiligen Lande, von denen vielleicht niemals der zehnte Mann 
zurückkehrte, weniger weil sie dort Lehen erhielten und sich ansiedelten, son- 
dern weil die meisten ein Opfer des Krieges und des fremden Klimas wurden. 
Die Johanniter, Tempelherren und Deutschherren. 
In Palästina bildeten sich drei Ritterorden, welche das Ritterthum 
und Mönchthum mit einander vereinigten, indem sie die Mönchsgelübde 
der Armuth (d. h. der Entsagung eines Privateigenthums), des Ge- 
horsams und der Keuschheit, dazu die ritterlichen Gelübde und das des 
immerwährenden Kampfes gegen die Mohammedaner ablegten; alle drei 
erkoren die Mutter Gottes zu ihrer Beschützerin. Diese Orden waren 
die Johanniter oder Hospitaliter, die Tempelritter oder Tempelherren 
und die Deutschherren. 
Bereits 1048 hatten Kaufleute aus Amalfi ein Benediktinerkloster 
und ein Spital (des hl. Johannes)) zu Jerusalem gestiftet, in welchem 
dürftige Pilger Herberge und Pflege fanden. Der klösterliche Verein 
der Wärter gestaltete sich 1099 zum Orden der Hospitaliter oder Jo- 
hanniter; derselbe theilte sich in drei Klassen: Priester, Ritter und die- 
nende Brüder, welche letztere die Kranken pflegten. Der oberste Vor- 
steher hieß der Großmeister; das Ordenskleid war ein schwarzer Mantel 
mit weißem Kreuze.
	        
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