Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

244 Deutschland und Ztalien sinken. 
geblich, brachte es aber doch zur Nachgibigkeit. Unverrückten Blickes 
beobachtete er die Franzosen, denn er durchschaute bereits ihre Absicht 
sich auf Kosten Deutschlands zu vergrößern. Deßwegen hatte er den 
Plan entworfen, zwischen Frankreich und Deutschland ein neues König- 
reich Burgund oder Arelate zu stiften, das er einem seiner Söhne zu 
verleihen gedachte, allein ehe er dies ausführen konnte, überraschte den 
ächtdeutschen König der Tod. 
Rudolfs Tod (15. Juli 1291). 
Auf der Burg von Germersheim saß im Juli 1291 der alte Herr 
beim Schach, seinem Lieblingsspiele; sein Angesicht war leichenblaß, und 
er fühlte selbst, daß er sich seiner Auflösung nahe. Darum fragte er 
die Aerzte: „saget mir ohne Scheu, ihr Meister, wie lange habe 
ich noch zu leben 7“ Sie antworteten: „Herr, vielleicht wird schon 
morgen eure Seele abgerufen.“ „Auf denn, nach Speper,“ sprach er, 
sich erhebend, „ich will zu meinen Vorfahren reiten,“ und setzte sich 
auf sein treues Roß. Er kam den 14. Juli in Speyer an, wo er 
schon am folgenden Tage verschied. Das Volk betrauerte ihn als 
Vater des Vaterlandes: er hatte wieder Friede und Ordnung ge- 
schaffen, zeigte neben den Eigenschaften eines großen Kriegers und 
Staatsmannes einen frommen, biedern Sinn, Einfachheit und Spar- 
samkeit, und war auch mit gemeinen Leuten freundlich und liebreich ge- 
wesen. Das Volk nannte ihn Kaiser, obwohl er die Kaiserkrone nicht 
trug, und behielt ihn neben Karl dem Großen und Friedrich dem Rotb- 
bart in treuem Angedenken, denn Rudolf war in der That Wiederher- 
steller des Reichs. 
Drittes Kapitel. 
Adolf von Nassau (1292—1294). 
Die Habsburger schienen den Kurfürsten bereits zu mächtig; darum 
waren sie in Rudolfs Wunsch nicht eingegangen, seinen Erstgeborenen 
zu seinem Nachfolger zu ernennen, übergingen ihn auch bei der Wabl 
und ernannten den Grafen Adolf von Nassau, der von Haus aus arm 
war und seinen Gönnern, den Erzbischöfen von Mainz und Köln, viel 
Geld und Privilegien verschreiben mußte. Als er aber König geworden, 
gedachte er Rudolf darin nachzuahmen, daß er eine große Hausmacht 
gründete, und dazu schien ihm Thüringen die schönste Gelegenheit zu 
bicten.
	        
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