Der Gegenkönig Karl IV. Die Landfrieden. 273
herzogliche Macht zu erwerben gedachte, bekriegte sie und wurde von
Karl und dessen Sohne Wenzel unterstützt. Dieser verwüstende Krieg
wurde nur von einzelnen Waffenstillständen unterbrochen; im Jahre 1377
im Mai siegten die Reutlinger über des Grafen Sohn Ulrich, was aber-
mals zu einem Waffenstillstand führte. Die Städte suchten nun einen
Rückhalt an den schweizerischen Eidgenossen, doch schloßen nur Bern,
Zürich, Luzern und Zug mit ihnen ein Bündniß, und auch diese blieben
in der Zeit der Noth aus.
Die 1andfrieden.
Der große Landfrieden zwischen den vier Wäldern (1382).
Gleich den Städten hatten sich auch die Adeligen in Schwaben,
Franken und der Wetterau in Bündnisse vereinigt und Graf Eberhard
von Wirtenberg bewog die Rittergesellschaften am Rheine und in Schwa-
ben mit den 34 Städten der gleichen Landschaft zu einem Vereine zu-
sammenzutreten und mit ihnen einen geordneten Zustand herzustellen.
Der Gedanke fand allgemeinen Beifall und am 9. April 1382 wurde
zu Ehingen der große Landfriede abgeschlossen für die Lande zwischen den
vier Wäldern: dem Böhmer Wald, dem Walde auf der Scharnitz, dem
Wasgauer und Thüringer Wald. Alle Stände, Fürsten, Ritter und
Städte vereinigten sich dahin, mit einander über ein Jahr Friede zu
halten in der Weise, daß sie einander gegen ihre Feinde beistehen, daß
sie jeden Theils ihre Streitigkeiten vor ihren eigenen Gerichten ent-
scheiden lassen und sie selbst ihre Mißhelligkeiten durch Schiedsgerichte
ausgleichen wollten.
Der große westfälische Landfriede (1387).
In ähnlicher Weise bildete sich im nördlichen Deutschland der große
westfälische Landfriede 1387.
Diese Verbindungen waren eine Folge der Abschwächung der Kaiser-
macht, welche Karl und Wenzel durch ihr schwaches oder unredliches
Wesen und Treiben vollenden halfen; Deutschland wurde auf diese Weise
zu einem Bunde verschiedenartiger Staaten, von geistlichen und welt-
lichen Fürstenthümern, demokratischen und aristokratischen Republiken.
Dieser Bundesstaat konnte bestehen, so lange kein Nachbarstaat stark ge-
nug war, auf deutsche Eroberungen auszugehen; sobald aber dieser Fall
eintrat, so mußte Deutschland ein Stück seines Gebietes nach dem an-
dern verlieren, weil das Ausland im Reiche immer seine Bundesgenossen
finden konnte.
Bumüller, Mittelalter. 18