Das burgundische Erbe. 323
Besinnung brachten, daß sie einsahen, es werde der Schweiz selbst für
die Zukunft nicht besonders nützlich sein, wenn sie die Franzosen zu
Nachbarn hätte. Um jene Zeit schrieb Hans Waldmann aus dem kö-
niglichen Hoflager an die Tagherren: „Lasset euch durch des Königs
Geld und seiner Räthe süße Worte nicht verführen, daß ihr Dinge
thätet, die unsere Nachkommen entgelten möchten. Ich wollte, daß wir
weniger mit den Franzosen zu schaffen hätten, wie wir und unsere Vor-
fahren gethan, als wir noch keine Pensionen hatten. Laßt uns deutsch
bleiben, geehrte Herren, die wälsche Zunge ist falsch.“ Und ein ande-
resmal, da ihm die Hofbherren besonders grob begegnet waren, schrieb
er heim: „und bei der göttlichen Gnade sage ich euch, daß es kein ver-
logener Volk gibt als die Franzosen sind.“ Ludwig bemerkte indessen
diese Mißstimmung zeitig genug und wandte gegen sie die probaten
Mittel an; in den folgenden Briefen wird Waldmanns Sprache immer
versöhnlicher und bald kann er nicht genug von der unwiderstehlichen
Macht „des Franzosen“ und der Wehrlosigkeit „des Fräuleins“ (der
Maria von Burgund) erzählen; der König machte ihn nämlich zum
reichsten Manne in der Eidgenossenschaft, und als gegen den Berner
Bubenberg, den Vertheidiger Murtens, die gleichen Mittel nicht verfin-
gen, so hätte er ihn auf andere Weise jedenfalls unschädlich gemacht,
wenn Bubenberg nicht als Lautenspieler verkleidet entflohen wäre.
„Das Fräulein“ war aber doch nicht so ganz verlassen, wie es der
geldsüchtige Schweizer dargestellt hatte; denn die burgundischen Stände
sehnten sich nach der Einverleibung ihrer Landschaften mit Frankreich
nicht im mindesten und bewogen Maria, ihre Hand dem Marimilian
von Oesterreich zu reichen, damit er Burgund gegen Ludwig schütze.
Max besaß nur wenige Mittel, aber er vertheidigte sich so ritterlich und
schlug die Franzosen bei Guinegate (7. August 1479) so nachdrücklich,
daß sich Ludwig mit der Provinz Burgund, dem Lehen, das der erste
burgundische Herzog Philipp von seinem königlichen Vater erhalten hatte,
begnügen und selbst die Franche-Comté fahren lassen mußte. Max er-
lebte übrigens in Burgund wenig Freude, denn er wurde als Ausländer
gehaßt, und die unruhigen Belgier brachten ihm durch ihre Aufstände
Verdruß und Gefahr.
Die Schweizer werden Halbfranzosen. Solothurn und Freiburg im Bunde (1381).
Die Schweizer, denen Karl der Kühne eigentlich erlegen war, wur-
den mit einigen 100,000 Thalern abgefunden; ihre jungen Leute liefen
von jetzt an in fremden Dienst (Reichsläufer), erwarben da Kriegsruhm
und Geld, vergaßen aber das Vaterland und seine Sitten, und brachten
fremde Laster und Unsitten in die Berge heim. Wie Ludwig kauften
auch seine Nachfolger die schweizerischen Bundeshäupter - schwerem
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