Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Der Welthandel und die Kolonieen. 359 
verlockte schon manchen Bürgers- und Bauerssohn unter die Fahne, der 
ein gutes Leben im wohlhabenden Hause gehabt hätte. Der kriegerische 
Geist, der die alten Germanen so furchtbar gemacht, lebte durch die 
Landsknechte plötzlich auf und Deutschland lief voll von kriegslustigem 
Volke; seine adeligen oder ritterlichen Hauptleute verstanden die neue 
Kriegsweise so vortrefflich, daß ein Kaiser mit der Macht Barbarossas die 
Welt crobern konnte. Aber Max, der die Landsknechte schulte und zweck- 
mäßig bewaffnete, vermochte es nicht, ihrer 20,000 nur ein halbes Jahr 
lang zu solden; darum liefen sie nach Frankreich, Italien und überall 
hin, wo man ihnen guten Sold anbot, und fochten gegen jedermann, 
Kaiser und Reich nicht ausgenommen. 
Der Welthandel und die Kolonieen. 
Das beilige römische Reich, Deutschland und Italien, hörte von 
Indien und der neuen Welt erzählen und von der wunderbaren Aus- 
breitung der portugiesischen und spanischen Macht, auch war es in Nord- 
deutschland an der Schelde, der Waal, der Elbe u. s. w. nicht unbe- 
kannt, daß Franzosen, Engländer und Dänen nach einem Antheile an 
der neuen Welt ausgingen, aber vom Reiche aus geschah nichts, weil 
es keine nationale Kraft und keinen nationalen Gedanken mehr batte, 
und die Kolonisirungen einzelner großen Kaufleute z. B. der augs- 
burgischen Welser in Venezuela konnten keinen Bestand haben. Daß 
Venedigs Größe zu sinken drohte, erregte nicht Trauer, sondern Freude, 
weil es gegen Deutschland immer feindselig gewesen war, und selbst in 
Italien bedauerte man es nicht, weil die venetianische Macht zu sehr 
auf Kosten anderer Städte und Staaten emporgewachsen war. Deutsch- 
lands Städte empfanden aber die Folgen ziemlich bald; der einträgliche 
Handel mit den orientalischen Erzeugnissen verließ seinen Weg über 
Süddeutschland; die Italiener konnten bei ihrem verminderten Verkehre 
mit dem Morgenlande nicht mehr so viele deutsche Fabrikate kaufen wie 
früher, daher sank auch der deutsche Gewerbfleiß allmählig. 
Und zu gleicher Zeit erhielt der Handel der Hansa durch Däne- 
mark und England den Todesstoß, indem diese Mächte den einheimischen 
Verkehr und England besonders die Gewerbserzeugnisse des eigenen 
Landes den Deutschen gegenüber begünstigten; die Zollkriege gegen Deutsch- 
land begannen und fanden später ihre Vollendung durch den Sundzoll, 
die Schließung des Rheins, der Schelde und die Navigationsakte. Von 
einem Einschreiten des Reiches zu Gunsten der Hansa war nie die Rede, 
man freute sich vielmehr, daß die stolzen Kaufherren gedemüthigt wur- 
den. Doch herrschte in Deutschlands Städten so viel Wohlstand aus 
alter Zeit her, es lagerten da solche massenhaften Ersparnisse, und der 
Kunstfleih in den deutschen Städten war dem anderer Nationen so über-
	        
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