60 Das Chtristenthum unter den Germanen und Slaven.
rangen durch St. Bonifacius vor allen andern die Palme. Die angel-
sächsischen Missionäre wirkten deßhalb so folgereich für alle Zukunft, weil
sie nicht, wic die frühern schottischen Mönche und Bischöfe, bloß ver-
einzelte Stiftungen schufen, die schnell verfielen, sondern im engsten
Bunde mit Rom eine feste kirchliche Organisation begründeten, die alle
Stürme der spätern Zeiten überdauerte.
Bonifacius ging schon 716 zu den Friesen; aber da gerade ihr
Herzog Ratbod, ein gewaltiger heidnischer Krieger, gegen Karl Martell
kämpfte, fand er es unmöglich etwas zu wirken und kehrte nach Eng-
land zurück. 718 ging er nach Rom und empfing mit dem Segen
Gregors II. den 15. Mai 719 den Missionsbrief für Deutschland. Aus
Italien kam er über Bayern und Thüringen an den Rhein, wandte
sich hierauf nach Friesland und unterstützte dort St. Willibrord in dem
Bekehrungswerke. Von der Nordsee wanderte er wieder nach Thüringen
zurück, gründete das Kloster Hamelburg (Amanaburg) an der fränkischen
Saale und pilgerte hierauf nach Hessen, wo er Tausende taufte.
Von dem erfreuten Papste nach Rom berufen (722), wurde er von
demselben zum Bischofe in Germanien ohne bestimmten Sitz ernannt,
schwur ihm an dem Grabe des Apostel Petrus unverbrüchliche Treue
und kebrte mit dem Ehrennamen Bonifacius (Wohlthäter) geziert über
die Alpen zurück. Mit einem Schutzbriefe Karl Martells verseben kam
er wieder nach Hessen, fällte die Donnereiche bei Geismar, das Haupt-
heiligthum des Volkes, und baute aus dem Holze eine St. Peterskapelle.
Er rief Mitarbeiter aus England herbei (z. B. Lullus, Willibald,
welcher Eichstädt, Wunibald, welcher Heidenheim an der Wernitz grün-
dete; diese beiden Brüder begleitete ihre Schwester Walburga, die Grün-
derin eines Frauenklosters), stiftete das Kloster Ohrdruf, die Frauen-
klöster zu Kitzingen, Ochsenfurth (dessen Vorsteherin St. Thekla wurde))
und Bischofsheim (unter St. Lioba), Bildungsstätten für das weibliche
Geschlecht, 732 Fritzlar, und Amönaburg, wofür er von Gregor III.
das erzbischöfliche Pallium und die Vollmacht erhielt, überall Bisthümer
und Klöster zu errichten. Sein Versuch die Sachsen zu bekehren war
fruchtlos, worauf er in Bayern gegen Unordnung, heidnischen Aber-
glauben und Häresieen wirkte und 738 zum drittenmale nach Rom
pilgerte. Auf der Rückkehr ordnete er, einem Ansuchen des Herzogs
Odilo folgend, die kirchlichen Verhältnisse Bayerns, indem er es in die
vier Diöcesen Salzburg, Passau, Regensburg und Freising eintheilte und
würdige Bischöfe einsetzte. 741 stiftete er die Bisthümer Würzburg,
Büraburg und Erfurt, 745 das zu Eichstädt. 742 fand das erste
deutsche Nationalkoncil (wahrscheinlich zu Frankfurt a. M.) statt, 743
ein Concil zu Liftind (bei Kambray), 744 eines zu Soissons, die von
ihm geleitet heilsame Beschlüsse faßten. 743 gründete sein Freund und