Karl der Große und seine Kriege. 67
Kraft, Weisheit und Gerechtigkeit, daß er dem deutschen Volke Jahr-
hunderte lang als Muster aller Regenten galt; viele herrliche Thaten
der Vorzeit trug die Volkssage auf ihn über, weil über seinem Namen
alle früheren vergessen wurden; er wurde wie ein Schutzgeist des Reiches
verehrt und in die Zahl der Heiligen ausgenommen, nachdem alle Völker
ihm den Namen des Großen beigelegt hatten.
Aarls KAriege.
Mit dem großen fränkischen Erbe hatte Karl auch alle Feindschaft
übernommen, welche deutsche und nichtdeutsche Völker gegen die Franken
hegten. Es gab in jener Zeit noch kein Völkerrecht; dem Mächtigen
war der Angriff gegen jeden Nachbarn erlaubt, und wer am meisten
eroberte, wurde am meisten gepriesen. Fürsten und Völker standen
gegeneinander auf der Wache, jeder Theil mußte eines Angriffes gewärtig
sein, sobald der Gegner sich stark genug glaubte. Karl schlug alle Feinde
zu Boden und traf bei den bezwungenen Völkern Einrichtungen, um
dieselben mit seinen Franken zu einer großen Nation zu vereinigen. Er
unterjochte kein Volk; wie Alerander der Große wollte er die Besiegten
emporheben, und wie sener die Astiaten durch die hellenische Bildung zu
einem großen Reiche einigen wollte, so Karl durch das Christenthum.
Große Reiche sind zum Wohle der Menschheit nothwendig; sie verbin-
den die zersplitterten Kräfte, entwickeln die Kultur und schützen dieselbe,
und noch ist jedes Volk (Jsrael allein ausgenommen), das die mensch-
liche Entwicklung wesentlich gefördert hat, ein eroberndes gewesen.
Kriege füllen die ganze Zeit von Karls langer Regierung aus,
daher sollen dieselben nicht nach Jahren, sondern nach den Völkern auf-
gezählt werden, mit denen sie geführt wurden.
Aquttanien unterworfen (670).
Sogleich auf die Kunde ven Pipins Tode empörten sich (769) die
Aquitanier; Karl und Karlmann zogen gegen sie aus, der letztere aber
kehrte vor der Eröffnung des Feldzugs mit seinen Leuten wieder heim
und überließ Karln den Krieg und damit auch den Ruhm Aquitanien
wieder unterworfen zu haben.
Eroberung des Longobardenreiches (773—774).
Der Longobardenkönig Desiderius hatte die feindselige Politik seiner
Vorgänger gegen Rom wieder aufgenommen; er bedrängte den Papst
Paul I., sowie Stephan III. und zwang diesen, Karls Hilfe anzurufen.
Ohnehin war Desiderius mit Karl gespannt; dieser hatte seine Verlobte,
eine lombardische Prinzessin, heimgeschickt, Desiderius aber Karlmanns
Wittwe mit ihren zwei Söhnen bei sich ausgenommen, in der Absischt,
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