Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

72 Das heilige römische Reich deutscher Nation. 
blieben viele Sachsen ihren Göttern im Herzen getreu und feierten ihnen 
auf den Bergen nächtlicher Weile die alten Feste. 
Karl stiftete im Sachsenlande acht Bisthümer: Osnabrück, Minden, 
Verden, Bremen, Paderborn, Münster, Halberstadt und Hildesheim, und 
in nicht langer Zeit wurden die Sachsen eifrige Christen und blieben 
dabei ein kräftiger, ja herrlicher deutscher Volksstamm. 
Karl nimmt den Kaisertitel an (800). 
Durch den Sieg über die Sachsen war der Sieg des Christenthums 
in Europa entschieden; wären die Sachsen Heiden geblieben, so wäre 
dieser mächtige Volksstamm in späterer Zeit (sie wurde trübe genug,) 
gewiß einmal losgebrochen und hätte seine Macht und mit derselben 
das Heidenthum über Deutschland ausgebreitet; wo würde dann den 
heidnischen Sachsen, Normannen, Slaven und Mohammedanern gegen- 
über noch ein christliches Volk gewesen sein? Vor einer solchen Zukunft 
schützte Karl die Christenheit und sicherte die christliche Civilisation vor 
einem neuen Einbruche der Barbarei. 
Sein Ruhm verbreitete sich über die Erde; zu ihm kamen Gesandte 
des Chakans der Hunnen, des griechischen Kaisers, des Königs von 
Aßturien, des Chalifen Harun al Radschid und ehrten ihn durch Geschenke. 
Er war der mächtigste Fürst Europas, der Beschirmer des Christenthums 
gegen Heiden und Mohammedaner, und nun nahm er auch den ehren- 
vollsten Titel an, welchen es gab, nämlich des römischen Kaisers. Karl 
war, wie sein Vater, Patricius von Rom und hatte mit Papst Adrian l. 
(772—795) in enger Freundschaft gelebt; dessen Nachfolger Leo III. 
wurde 799 bei einem Aufstande der Römer schwer mißhandelt und hatte 
sich mit Mühe nach Spoleto gerettet. Damals nämlich, wie auch später, 
war Rom der Schauplatz der beftigsten Parteikämpfe, die gewöhnlich bei 
einer Papstwahl zum Ausbruch kamen; denn da die Bürgerschaft der 
Stadt und die Adeligen des Stadtgebietes den von dem römischen Klerus 
gewählten Papst in öffentlicher Versammlung durch ihren Zuruf gewisser- 
maßen zu bestätigen hatten, so wurde die Papstwahl selbst in das Ge- 
triebe der Volksgunst und der Eifersucht der vornehmen Familien hinein- 
gezogen und in Folge davon wurde auch der regierende Papst oft von 
den Leidenschaften der Parteien beunruhigt, wie dies 799 Leo III. wider- 
fuhr. Derselbe kam zu Karl auf den Reichstag zu Paderborn, empfing 
dort von dem Kaiser und der Versammlung die gebührende Huldigung 
und kehrte im November nach Rom zurück, wo Karl durch eine voraus- 
geschickte bewaffnete Macht Ruhe und Ordnung hergestellt hatte. 
Fast ein Jahr später kam auch Karl in die Weltstadt, ordnete mit 
dem Papste die Angelegenheiten Mittelitaliens und empfing von dem 
Patriarchen von Jerusalem eine Gesandtschaft, die ihm die Schlüssel des
	        
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