Full text: Die Weltgeschichte. Zweiter Theil. Das Mittelalter. (2)

Karl als Regent. 75 
Das Heerwesen beaufsichtigte in jedem Gaue der Graf. Karl stellte 
also den urdeutschen Heerbann wieder her, eine bedeutende Last für die 
Freien; doch ist der Vorwurf ein ganz unbegründeter, als habe er da- 
durch die minder begüterten Freien zu Grunde gerichtet. Denn vor 
wie nach Karl waren Kriege an der Tagesordnung, denen sich die Freien 
nicht entziehen konnten, wie diese auch später, nachdem sie zu Dienst- 
leuten geworden waren, in das Feld ziehen mußten, freilich nicht mehr 
für Kaiser und Reich, sondern in die unaufhörlichen Kriege und Fehden 
ihrer Herren. Doch wird schon nach Karl geklagt, daß die Grafen ein- 
zelne Freie zum Auszuge nöthigten, wenn sie die Reihe nicht getroffen 
hätte und andere übergingen, von denen sie Geschenke erhalten hatten. 
In Gränzbezirke (Marken), welche dem Feinde abgenommen waren, 
setzte er Markgrafen (marchiones, auch duces limitis genannt, weil ihr 
Gebiet mehrfach größer war, als das der andern Grafen), welche mit 
den Kolonisten die Gränzwache hielten. 
Gerechtigkeitspflege. 
Es war für Karl eine Hauptsorge, daß in seinem Reiche jedem sein 
Recht werde. Denn es geschah gar oft, daß der Stärkere den Schwä- 
cheren unterdrückte. Der reiche Herr z. B., der viele Knechte hatte, 
trieb sein Vieh auf die Weide des Nachbars, oder wehrte ihm, in dem 
Walde zu jagen, Holz zu fällen, die Schweine zur Eichelmast zu treiben 
u. s. w. Wie häufig solche Unbilden armen Freien mögen angethan 
worden sein, können wir daraus schließen, daß in den Urkunden der 
Klöster eine Menge dergleichen Beschwerden und Schiedssprüche vorkom- 
men, und doch waren die Stifte in dem Genusse ihrer Rechte durch den 
Glauben jener Zeit viel sicherer. Solche Klagen kamen auch zu Ohren 
des Kaisers, und er that, was er konnte, um das Recht zu schirmen; 
auf vielen Reichstagen ermahnte er ernst und drohend und erließ Ver- 
ordnungen gegen den Mißbrauch der Gewalt. 
Die Pfalzgrafen (Palzen, vom lateinischen palatium, hießen die 
kaiserlichen Burgen in den verschiedenen Gegenden des Reichs) verwal- 
teten nicht bloß das kaiserliche Einkommen aus dem zu einer Pfalz ge- 
hörigen Bezirke, sondern sie vertraten auch den Kaiser als obersten Richter 
und bildeten also eine Art höherer Instanz. Er erwählte auch Männer, 
denen er sein ganzes Vertrauen schenkte, und schickte sie in die verschie- 
denen Gaue, um die Gerichte zu beaufsichtigen, und den Gewaltthätig- 
keiten zu steuern; dieses waren die sogenannten Sendboten C(missi do- 
minici). Sie hielten Gauversammlungen (placita), bei denen Bischöfe, 
Aebte, Grafen und alle Beamten zu erscheinen hatten und sich vertreten 
lassen mußten. Da wurden die Klagen des Volkes gehört, die Amts- 
führung der Magistrate untersucht, Ungerechtigkeiten bestraft, überhaupt
	        
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