96 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands 2c.
wechseln; auch Anhalt und Hessen mußten kaloinisch werden und mit
weniger Ausnahme hatten die Pastoren nichts dagegen. Als hingegen
Papst Gregor XIII. 1584 seinen verbesserten Kalender herausgab,
wurde derselbe auf protestantischer Seite nicht angenommen, denn er kam
ja vom Papste; die Annahme geschah erst nach einer langen Reihe von
Jahren und mit allen möglichen Verwahrungen gegen die pöädpstliche
Autorität; das reformierte Graubünden beharrte bei dem alten Kalender
bis zur französischen Revolution.
Große Unruhe erregte 1583 der Erzbischof Gebhard von Köln
(aus der Familie Waldburg), welcher eine Kanonissin Mansfeld ver-
führte und von ihren Verwandten zur Heirath gezwungen das Stifts-
land Köln reformieren und zu einem Erblande machen wollte. Die
Reformation hatte im Erzstifte schon Eingang gefunden und die prote-
stantischen Stände nahmen sich Gebhards lebhaft an, Sachsen ausgenom-
men, welches erbost war, weil Gebhard kalvinisch geworden. Der Kaiser
bot Gebhard lebenslängliche Versorgung an, wenn er dem Erzbisthum
entsage, dieser schlug es aber aus; nun wählte das Domkapitel Ernst
von Bayern, der bereits Bischof von Lüttich und Freising war, zum
Erzbischofe und dieser vertrieb Gebhard mit Waffengewalt; seine schöne
Agnes schickte dieser nach England zu Elisabeth, von welcher jedoch die
Schutzflehende fortgewiesen wurde; so mußte sich Gebhard zuletzt mit dem
Einkommen einer Domherrupfründe in Straßburg begnügen. Behaup-
teten die Katholiken das reservatum ecclesiasticum in Köln, so ver-
loren sie dagegen die norddeutschen Stifte, welche die nachgebornen Söhne
protestantischer Fürsten einnahmen; von 1555, dem Religionsfrieden von
Augsburg, bis 1618 wurden den Katholiken auf diese Weise zwei Erz-
stifte und zehn Bisthümer entrissen (vergl. unten Restitutionsedikt).
Im Jahre 1606 vermaß sich die Bürgerschaft der protestantischen
Reichsstadt Donauwörth eine Prozession der Katholiken, die aus dem
Kloster nach alter Weise auszog, zu sprengen und niederträchtig zu miß-
handeln. Die Bürgerschaft, die auf die versprochene Hilfe protestanti-
scher Fürsten und Städte, welche ihr Attentat gebilligt hatten, hoffte,
verhinderte den Rath, die von dem Kaiser verordnete Genugthuung zu
geben und verwarf wiederholte Vermittlungsversuche; dafür verhängte
der Kaiser über die Stadt wegen Friedensbruch die Acht, welche Her-
zog Maximilian von Bayern vollstreckte und die Stadt zum Er-
satze für die Kriegskosten behielt. Dagegen protestierten die Glaubens-
genossen der Stadt, unterließen es aber dem Bayer Kostenersatz zu leisten,
das einzige Mittel, welches ihnen zur Befreiung der muthwilligen Stadt
rechtlich zustand. Ebenso beklagten sie sich bitter, weil Erzherzog Karl
und nach ihm dessen Sohn Ferdinand in Steyermark, Kärnthen
und Krain dem Protestantismus feste Schranken setzten und zuletzt eine