Die Schulen. 99
raumte Böhmen, als Mathias mit einem Heere aus Ungarn anrückte
und den Böhmen alles bewilligte. Diese ließen nun Rudolf im Stiche
und fielen zu Mathias ab, der jetzt seinem Bruder auch die böhmische
Krone entriß. Rudolf zerbiß im Zorne die Feder, mit welcher er die
Entsagung unterzeichnet hatte, und als er aus dem Fenuster die königliche
Stadt Prag überschaute, rief er aus: „Prag, undankbares Prag! Durch
mich bist du so herrlich worden und sioßest nun deinen Wohlthäter aus.
Die Rache Gottes ereile dich und mein Fluch komme über dich und ganz,
Böhmen!“ — Rudolf hatte nichts mehr als die Kaiserkrone und diese
trug nichts ein; er wandte sich an die Kurfürsten um Unterstützung und
erhielt sehr schöne Worte; sein Bruder wies ihm jedoch 300,000 fl.
jährlicher Einkünfte und einige Herrschaften an; beides genoß Rudolf
nicht lange, denn er starb am 20. Januar 1612. Nun wurde Ma-
thias zum Kaiser gewählt, mußte aber in der Wahlkapitulation ver-
sprechen, kein fremdes Kriegsvolk in das Reich zu führen, aber dennoch
den von den Holländern gesperrten Rhein freizumachen; dies klingt wie
ein Spottlied, welchkes die Fürsten auf sich selber sangen.
Vierzehntes Kapitel.
Die Schulen.
Bevor wir den Krieg erzählen, welcher Deutschland 30 Jahre ver-
heerte und auf mehr als ein Jahrhundert unglücklich machte, wenden
wir uns zu einem Institute, für welches Deutschland das klassische Land
wurde, zur Schule. Daß das Schulwesen durch das Allgemeinwerden
des Studiums der Alten, die Erfindung der Buchdruckerkunst, sowie durch
die Reformation großen Anstoß erhielt, ist unleugbar; die Reformatoren
wiesen alles Volk auf die Bibel, ihre Katechismen, Gesänge u. s. w.
und machten dadurch das Lesen der Druckschrift zu einer Kunst, welche
für jeden Protestauten allbereits unerläßlich wurde. Die Wirkung auf
die Katholiken konnte nicht ausbleiben; wie Kanisius den Katechismen
Luthers die seinigen entgegenstellte, so mußte auch die katholische Schule
sich der protestantischen gegenüber aufbauen und einrichten, wenn man
dem Gecgner nicht einen großen Hebel der Bildung überlassen wollte. Der
Gerdanke, die Volksschule in das Leben zu rufen, gehörte jedoch einem
katholischen Geistlichen an, Gerhard Grote (Gerhardus Magnus) zu
Utrecht, der ihn um das Jahr 1388 auszuführen suchte; vor der Er-
findung und allgemeinen Verbreitung der Buchdruckerkunst konnte freilich
der Erfolg kein allgemeiner sein. Unmittelbar vor der Reformation da-
gegen treffen wir in den meisten Stärten, selbst kleineren, len Schulen