102 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc.
Tages religiösen Uebungen obliegen. Von diesen jungen protestantischen
Mönchen mußte das humanistische Studium mit Vehemenz betrieben wer-
den, denn „die Sprachen“ galten auch den Reformatoren über alles.
Luther selbst preist den Räthen und Bürgermeistern allerlei deutscher
Städte die Sprachstudien besonders an und schließt: „in Summa, der
heilige Geist ist kein Narr, geht auch nicht mit leichtfertigen, unnöthigen
Sachen um; der hat die Sprachen so nutze und nothwendig geachtet,
daß er sie oftmals vom Himmel mit sich gebracht hat, welches uns allein
genugsam sollte bewegen, dieselben mit Fleiß und mit Ehren zu suchen und
nicht zu verachten, weil er sie selbst wierer auf Erden erwecket.“ Das
Ziel dieser klassischen Studien bestand aber nicht darin, daß der Schüler
der Sprache insoweit mächtig werden sollte, um die Klassiker zu lesen und
zu verstehen, sondern in der Nachahmung der Klassiker; der Schüler zog
die Phrases aus denselben, lernte sie auswendig und wandte sie wieder
in gegebenen Thematen an. Dieses pedantische Studium brachte der-
deutschen Sprache kein Heil, und die wirtenbergische Schulordnung selbst
ist weder deutsch noch lateinisch geschrieben, so daß Luthers Anklage gegen
die Mönchsschulen die protestantischen nicht weniger trifft. Die wirten-
bergische Schulordnung galt lange Zeit als Muster und wurde 1580 in
Sacksen fast unverändert eingeführt, was wieder andere protestantische
Länder und Städte zur Nachahmung bewog. Da zugleich die deutschen
Schulen allgemein wurden und die Regierungen den Schulzwang ein-
führten, d. h. die Eltern nöthigten, ihre Kinder schulen zu lassen, so
wurde Deutschland das Land der Schulen und Schulmeister aller Gat-
tung und das deutsche Volk das bestgeschulte und bestdressierte, aber
darum weder das klügste noch das glücklichste.
Die Fesuiten.
Im Jahre 1491, acht Jahre nach Luther und sechs vor Melanch-
tihon, wurde Ignaz von Loyola geboren, der Sohn eines spanischen
Edelmannes. Ignaz that zuerst mit Auszeichnung Kriegsdienste, wurde
aber 1521 bei der Vertheidigung von Pampeluna an beiden Beinen
schwer verwundet. Während ihn sein Leiden an das Krankenbett fesselte,
las er viel in dem Leben Jesu und der Heiligen und wurde dadurch so
begeistert, daß er Panzer und Degen weglegte und sein Leben aus-
schließlich dem Dienste Christi zu widmen beschloß. In einer Höhle bei
Manresa überwand er vollends die Macht, die ihn noch an dem welt-
lichen Leben festhalten wollte; auch unternahm er eine Wallfahrt nach
Jerusalem und betete 1523 an dem Grabe des Erlösers. Schon um
diese Zeit war der Plan in ihm gereift, eine Schaar zu gründen, welche
für Christus streiten sollte, aber der ehemalige ritterliche Kriegsmann
erkannte auch bald genug, daß zu einem solchen Kampfe die Rüstung