Dr. Martin Luther. 3
Franz und Dominikus, aber das Unheil der jetzigen Zeit fand leider
keine Reformation durch die Kirche selbst; aus einer Reformation inner-
halb der Kirche wurde eine Revolution gegen die Kirche, und das Haupt-
werkzeug derselben war
Dr. Martin Tuther.
Er wurde den 10. November 1483 zu Eisleben geboren und fiu-
dierte 1501—1505 an der Universität zu Erfurt; seine Eltern hatten
ihn zum Rechtsgelehrten bestimmt, allein er band sich durch ein Gelübde
Mönch zu werden, als neben ihm (wie erzählt wird) sein Freund vom
Blitze erschlagen wurde. Er trat in das Augustinerkloster zu Erfurt
und erhielt 1507 die Priesterweihe. Im Jahre 1508 wurde er Pro-
fessor an der 1502 errichteten Universität Wittenberg und 1509 Doktor
und Lehrer der Theologie. Luther hatte übel gethan, daß er Mönch
wurde, denn sein ganzes leidenschaftliches Wesen, wie es sich in allen
Richtungen, in seinen Anforderungen an sich selbst sowie an andere zeigte,
machte den Stand eines Mönches für ihn zu dem unpassendsten. Die
Askese des Mönchlebens bändigte nach seinem eigenen Geständnisse seine
Leidenschaften nicht, und wenn ihn das Bewußtsein seiner Fehlerhaftigkeit
quälte, so fand er vielmal auch im Gebete keinen Trost, weil er in dem
Wahne befangen war, daß nur ein ganz sündenfreier Mensch, ein Hei-
liger, zu Gott so beten könne, daß er erhört werde; oft wallte aber
auch sein Stolz auf und der früher Verzagte war nach seinem eigenen
Geständnisse ein anmaßlicher Selbstgerechter. Gegen diesen trostlosen
Zustand suchte er Hilfe und las besonders in der Bibel, wo er auch
nach seiner Meinung die heißbegehrten Aufschlüsse fand. Diese bestanden
wesentlich darin: „Der Mensch ist durch die Erbsünde von Grund aus
verdorben; das Streben und Ringen, sich von der Sünde zu befreien
und zu heiligen, ist verkehrt und vergeblich und gilt vor Gott nichts.
Allein Gott bietet dem Menschen eine fremde Gerechtigkeit an; denn was
Christus auf Erden gethan und gelitten hat, hat er an der Stelle des
Menschen gethan und gelitten, und wenn dieser nur fest glaubt, daß er
selbst nie durch sich selbst zur Gerechtigkeit vor Gott gelangt wäre, daß
aber Christus diese Gerechtigkeit ihm erworben habe, so nimmt ihn Gott
als gerechtfertigt an. Das Bewußtsein der eigenen Schuld und der
Glaube an die Rechtfertigung durch Christus genügt also, und gute
Werke, Bußübungen und wirkliches Besserwerden des Menschen haben
vor Gott keinen Werth.“ Dadurch gerieth Luther mit der Kirche in
Widerspruch, welche lehrt, daß Christus den Menschen erlöst und ihm
die göttliche Gnade erworben habe, aber zugleich von dem Menschen
eine Mitwirkung verlange: Reue, Buße und Besserung. Als Luther so
mit der Kirche schon in einer Hauptlehre zerfallen war, traf es sich für
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