Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

194 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs XIV. 2c. 
seinen Landsleuten als Muster in den Künften des Friedens und Krieges 
dienen sollten. Durch strenge Gesetze wollte er den Russen ihre bar- 
barischen Gewohnheiten abthun; allein er richtete nicht viel aus, weil Ge- 
sittung nicht geboten werden kann, sondern nur als eine Frucht der Jahr- 
hunderte reift. Peter selbst blieb Zeitlebens ein Barbar, der seine Minister 
eigenhändig durchprügelte, die Gesandten und Räthe betrunken machte und 
sich selbst lästerlich berauschte, seiner Wollust mit thierischer Schamlosigkeit 
fröhnte, das Leben anderer für nichts achtete und zu seinem Zeitvertreibe 
aufzuopfern geneigt war und bei den Hinrichtungen selbst Hand anlegte. 
Aber dieser Barbar war ein genialer Mann und hatte einen politischen 
Scharfblick, der ihn das nahe und ferne Ziel klar erkennen und jeden 
Schritt abmessen ließ; bei seiner starken Willenskraft war er dennoch seiner 
Eroberungslust ganz mächtig und gab ihr nur in so weit nach als noth- 
wendig war, um zu der Macht Nußlands und dessen künftiger Weltherr- 
schaft die Fundamente zu legen und die Grundmauern zu bauen. 
Als er die Regierung übernahm hatte das weitausgedehnte Ruß- 
land noch keine Küsten in seinem Besitze als die des Eismeeres mit dem 
Seehafen Archangel, welcher die Hälfte des Jahres durch Eis geschlossen 
ist, und die sibirische Küste bis Kamtschatka, bis wohin die Russen im 
Laufe des 17. Jahrhunderts vordrangen. Die Mündungen der andern 
russischen Flüsse waren in den Händen der Türken und Schweden. Ruß- 
land hatte noch keinen selbstständigen Handel, war also auch ein geldarmes 
Land. Peter erkannte, daß ohne Seehandel und Seemacht die Stärke 
eines Staates keine nachhaltige ist, darum suchte er an dem baltischen 
und asowischen Meere festen Fuß zu fassen, und fing mit den Türken 
Krieg an, als sie gerade an Prinz Cugen die neue Kriegskunst kennen 
lernten. Es gelang ihm mit den Schiffen, die er auf dem Don gebaut 
hatte, die türkische Flotte zu überfallen und zu schlagen; die Stadt Asow, 
von welcher die Palus Mäotis der Alten den heutigen Namen des aso- 
wischen Meeres trägt, fiel in seine Gewalt und wurde ihm von den 
Türken im Frieden von 1699 abgetreten. So öffnete Peter seinem 
Volke das bisher verschlossene Meer. 
Schweden von Gustar Adolf bis Karl XII. (1631—1699). 
Seine Hauptanstrengung richtete Peter aber gegen Schweden, welches 
das baltische Meer beherrschte, dessen Herrschaft er als die erste Bedingung 
der russischen Größe ansah. Gustav Adolf und die Eroberungen der schwe- 
dischen Feldherren im dreißigjährigen Kriege hatten das schwachbevölkerte 
und arme Schweden in den Rang der Großmächte vorgeschoben, und nur auf 
Schwedens Kosten konnte Rußland zunächst Einfluß auf Europa gewinnen. 
Auf Gustav Adolf folgte seine minderjährige Tochter Christine, 
für die während zwölf Jahren ein Reichsrath von fünf Mitgliedern,
	        
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