Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Karls XII. rufsischer Feldzug. Schlacht von Pultawa. 199 
Gustav Adolf gethan hatten, sondern er wollte den Feind im Innern 
des Landes aufsuchen und die Macht des Zaren im Marke brechen. Er 
rückte aus Lithauen in Rußland ein, nahm Grodno und Wilna, ging 
bei Borissow über die Beresina, warf alle russischen Heeresabtheilungen 
über den Haufen, erstürmte die verschanzten Lager, durchwatete Sümpfe 
und Moräste, stürzte sich selbst ins Handgemenge wie ein gemeiner Sol- 
dat und theilte mit diesem auch die Nahrungsmittel. Aber nun beging 
er einen großen Fehler. Sein Heer litt Mangel, denn die Russen ließen 
überall eine Einöde hinter sich; Schuhe und Kleider waren zerrissen, 
aber statt auf seinen Feldherrn Löwenhaupt zu warten, der 12,000 Mann 
und alle Heeresbedürfnisse herbeiführte, wandte sich Karl zwischen Smo- 
lensk und Moskau gegen Süden und befahl Löwenhaupt ihm nachzu- 
felgen. Der Kosakenhetman Mazeppa nämlich forderte Karl auf in 
die Ukraine zu marschieren, indem seine Kosaken nur die Ankunft der 
Schweden erwarteten, um das Joch der verhaßten Russen abzuschütteln. 
Aber die Russen waren Karl schon zuvorgekommen; sie zerstörten Batu- 
rin, den Hauptort der Kosaken, und Mazeppa kam als Flüchtling mit 
einigen hundert Reitern zu dem Schwedenkönig. Dieser wartete seine 
Schweden unter Löwenhaupt nicht ab, und gab dadurch dem Zaren Ge- 
legenheit dieselben mit Uebermacht anzugreifen. Drei Tage lang (Sep- 
tember 1708) schlugen sich dle Schweden mit den Russen, die der Zar 
schonungslos in den Kampf trieb, weil er wohl einsah, daß er verloren 
sei, wenn sich die beiden schwedischen Heere vereinigen konnten. Die un- 
verhältnißmäßige Uebermacht gewann den Sieg, Löwenhaupt verlor alles 
Geschütz und Heergeräthe und schlug sich mit nur 6000 Mann zu seinem 
Könige durch. Karl zog immer noch südwärts; die Herbstregen erzeug- 
ten bei den schlechtgenährten und schlechtgekleideten Soldaten verheerende 
Krankheiten, und der schreckliche Winter von 1708—1709 raffte tausende 
der braven Krieger weg, einer fast noch größeren Zahl erfroren Häude 
und Füße und sie kamen elend als Krüppel um ihr Leben. Enbdlich hielt 
Karl in der Ukraine; aber da waren keine Winterquartiere; die armen 
Soldaten mußten sich vor der Kälte schützen, so gut es gehen mochte, 
und mit einer Nahrung vorlieb nehmen, welche nur die höchste Noth 
genießbar macht. Im Mai 1709 belagerte Karl Pultawa, konnte aber 
entweder bei dem Mangel an Belagerungsgeschützen die schlecht befestigte 
Stadt nicht nehmen oder wollte den Zaren herbeilocken und zu einer 
Schlacht zwingen. Dieser erschien auch wirklich an der Spitze eines vier- 
fach überlegenen Heeres, das seine Kriegsschule durchgemacht hatte. Am 
8. Juli kam es zum entscheidenden Treffen; Karl war von Pultawa aus 
durch einen Schuß am Beine verwundet worden und mußte in einer 
hölzernen Tragbahre in die Schlacht getragen werden; die vussischen 
Kanonenkugeln zerschmetterten die Tragbahre; die Schweden wurden trotz
	        
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