Prcußen kommt empor. 213
sam, daß er sich den Genuß von Lieblingsspeisen versagte, weil sie ihm
zu theuer schienen.
Bei dieser Sinnes= und Lebensweise des Königs ist es wohl be-
greiflich, daß seine Familie kein besonders angenehmes Leben hatte. Für
die königlichen Oefen wurde das Holz gespart und der Tisch weder reich-
lich noch ausgesucht versehen. Die Königin und die Prinzessinnen mußten
weibliche Arbeiten verrichten und fleißig in die Kirche gehen; zu letzte-
rlem wurden auch die Prinzen angehalten, welche der König gleich ge-
meinen Soldaten ererzieren ließ, denn sie sollten wie er das Militär-
wesen verstehen und hochhalten. Sein ältester Sohn Friedrich machte
ihm aber viel Verdruß, denn die Neigungen desselben waren den väter-
lichen vielfach entgegengesetzt. Der Vater haßte die Franzosen, hielt nichts
oder nicht viel auf Wissenschaft und Kunst, am allerwenigsten auf die
Musik; sein Sohn dagegen liebte die Franzosen und geistreiche Männer,
las am liebsten französische Bücher und schien seines Vaters Thun und
Sneben zu verachten. Darum verfuhr dieser streng, oft tyrannisch gegen
ihn und ging damit um, ihn als einen Feigling und unfähigen Kopf
von der Thronfolge auszuschließen. Alles dies brachte den Prinzen so
weit, daß er mit dem Lieutenant Katt, seinem Freunde, nach Holland
entstiehen wollte. Allein es wurde entdeckt und Friedrich von seinem
Vater mißhandelt; dann ließ er ihn nach der Festung Küstrin bringen
und mit eigenen Augen zuschauen, wie Lieutenant Katt enthauptet wurde.
Nur sehr allmählig gewann Friedrich die Gunst seines Vaters; jene
Versicherung des Prinzen Eugen über die militärische Tüchtigkeit seines
Sohnes trug vorzüglich dazu bei, und 1740 den letzten Mai starb Fried-
rich Wilhelm mit der Ueberzeugung, daß er einen tücktigen Nachfolger
hinterlasse. Friedrich erbte ein an Ordnung, Zucht und Thätigkeit ge-
wöhntes Volk, ein trefflich geschultes Heer von 70,000 Mann, keine
Schulden, aber in dem Schatze baare neun Millionen Thaler und viel-
leicht ebenso viel an Silbergeschirr; denn an derlei solider Pracht, die
sich jeden Augenblick in Geld verwandeln ließ, hatte der verstorbene
König sein Wohlgefallen und damit wollte er andern Fürsten gegenüber
zeigen, daß der König von Preußen auch glänzen könne.
Was Friedrich Wilhelm besonders auszeichnete, war seine treue Ge-
sinnung gegen Kaiser und Reich, sein unverbrüchliches Festhalten an der
befiehenden Rechtsordnung, die er zugleich als die beste Grundlage seines
eigenen Staates erkannte. Dies änderte sich durch seinen Sohn Fried-
rich II. Dieser griff willkürlicher, als bisher jemals einer der deut-
schen Fürsten gethan, in die vorhandene Rechtsordnung ein und erwei-
terte den bereits vorhandenen confessionellen Riß Deutschlands durch den
politischen Dualismus, als dessen eigentlichen Gründer er zu betrachten
ist. Wie sehr wir deßhalb auch seine hohen geistigen Fähigkeiten, seine unge-