Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

234 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs XIV. 2c. 
aufkündigte. Dieser schickte Truppen gegen den Rebellen, aber Gustav 
bewog diese und die Garden, zu ihm gegen den Reichsrath zu stehen; 
die Hauptstadt folgte der Bewegung und der überraschte Reichsrath hatte 
keine andere Wahl als die Verfassung anzunehmen, welche ihm der Kö- 
nig vorlegte (31. August 1772). Diese beschränkte den Reichsrath auf 
das Recht eines berathenden und vorschlagenden Kollegiums und gab 
dem Könige die ganze ausübende Gewalt zurück. Die Stände durften 
sich nur auf königliche Einberufung hin versammeln und sich nur mit 
den königlichen Vorlagen befassen, doch sollte der König keinen Krieg 
ohne ihre Einwilligung anfangen; das Recht der Besteuerung wurde fast 
gänzlich dem Könige anheimgestellt, er hatte bloß einen ständischen Aus- 
schuß zu berathen. Nun erwarteten das Volk und ganz Europa, der 
von den französischen Philosophen hochgepriesene junge König werde seine 
fast unbeschränkte Gewalt zu wohlthätigen Schöpfungen für das arme, 
heruntergekommene Schweden anwenden. Er gründete in der That einige 
Hospitäler und Waisenhäuser und schaffte die Folter ab, dies war aber auch 
so ziemlich alles, was in dieser Hinsicht geschah. Dagegen errichtete er eine 
Akademie nach französischem Zuschnitte, baute Theater und Opernhäuser, 
gab großartige Feste, Bälle und Maskeraden, und neben dem neumodi- 
schen Wesen sollte auch das mittelalterliche Ritterthum wieder in das 
Leben gerufen werden; daher hielt er Turniere und Ringelrennen, welche 
das Land nicht wohlfeller zu stehen kamen als die Opern und Komödien 
und ungefähr gleich viel nutzten. Alles dies und der prächtige Hofhalt 
des Königs kostete viel Geld; der Steuerdruck wurde härter als je, und 
endlich machte Gustav das Branntweinbrennen zu einem königlichen Mo- 
nopole, so daß der Bauer sein geliebtes Getränke, welches er sonst selbst 
bereitet hatte, um theures Geld seinem Könige abkaufen mußte. Die 
anfängliche Freude über Gustavs Reglerung und den Sturz des verhaf- 
ten adeligen Regiments machte deßwegen bald einer allgemeinen Verstim- 
mung Platz und der Versuch des Königs, eine allgemeine Nationaltracht 
einzuführen, war nicht geeignet, dem Volke eine günstigere Meinung von 
Gustavs Einsicht und seiner Sorgfalt für das Wohl des gemeinen Man- 
nes beizubringen. Nun fing er noch einen Krieg mit Rußland an 
(1788), welches abermals mit den Türken im blutigen Kampfe lag; 
denn Gustav wollte nicht nur ein Philosoph auf dem Throne sein, son- 
dern auch Heldenruhm erwerben, der Ausbreitung der russischen Macht 
Schranken setzen und Schwedens verlorene Provinzen wleder erobern. 
Zu diesem Kriege holte er die Einwilligung der Stände nicht ein, wie 
die von ihm selbst gegebene Verfassung vorschrieb, und dies vermehrte 
die allgemeine Mißstimmung über die neuen Lasten, welche der Krieg für 
Schweden brachte. Katharina bekämpfte ihn nicht nur mit den Waffen, 
sondern auch mit Geld und Ränken; durch ihre erkauften Werkzeuge er-
	        
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