Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Die oͤsterreichischen Niederlande. 249 
führen mußte, und stellten die Reformen des Kaisers aus eigener Macht 
ein; der Besuch des Generalseminars wurde freigestellt, die Bischöfe 
durften ihre Seminarien wieder öffnen, und der Kaiser selbst fand für 
gut zu versichern, daß die alte Landesverfassung bis auf einige wenige 
Stücke, welche eine nähere Untersuchung bestimmen würde, wieder her- 
gestellt werden sollte. Aber da der Kaiser von seinen kirchlichen Refor- 
men durchaus nichts mehr zurücknehmen wollte, dem General d'Alton 
das Oberkommando aller Streitkräfte in den österreichischen Niederlanden 
übergab und in dem Grafen Trautmannsdorf einen kaiserlichen Be- 
vollmächtigten schickte, fanden seine Versicherungen wenig Glauben. An 
der Spitzz der Opposition, welche die Wiederherstellung der alten Ver- 
fassung sich zum Ziele gemacht hatte, stand der Advokat van der Noot; 
neben dieser Opposition, welche man nach dem heutigen Sprachgebrauche 
die konservative nennen würde, bildete sich aber eine ächtrevolutionäre 
Partei mit einem leitenden Komité; der Widerstand gegen die kaiserlichen 
Verordnungen vereinigte indessen noch alle Parteien zu gemeinschaftlichen 
Schritten. Das Komité, aus fünf Advokaten, zwei Kaufleuten und einem 
Bankier bestehend, arbeitete für die Revolution nach einer trefflichen Or- 
ganisation; jeder einzelne warb zehn Vertraute, von diesen zog wieder 
jeder einzelne zehn Personen in das Geheimniß und so fort, ohne daß 
der Geworbene außer seinem Werber andere Mitglieder der Verschwö- 
rung kannte; so bedeckte sich das Land mit einem revolutionären Netze, 
welches im Oktober 1789 bereits 70,000 Männer umschlang. Van 
der Noot unterhandelte gleichzeitig mit Holland und Preußen, welche 
halb und halb ihre Hilfe zusagten und einstweilen den Verschworenen 
allen möglichen Vorschub leisteten. An Geld mangelte es diesen nicht; 
sie organisierten damit in Holland ein Korps von 10,000 Ausgewander- 
ten; sie vertheilten Geld unter die kaiserlichen Soldaten, versprachen de- 
nen, die zu den Patrioten übertreten würden, einen hohen Sold, und 
verlockten dadurch mehrere tausend Soldaten zur Desertion. Am 24. Ok- 
tober 1789 fielen die Ausgewanderten in zwei Abtheilungen vom hol- 
ländischen Gebiete in Brabant ein und den 26. ließ sich General Schrö- 
der in Turnhout schlagen. Den 13. November nahm eine Kolonne 
der Aufständischen die Stadt Gent, ganz Flandern gerieth in Aufstand, 
in allen größeren Städten gab es Straßengefechte, welche jedoch für die 
Aufständischen meistens unglücklich ausfielen. Der Generalstatthalter in- 
dessen entfernte sich, die Regierung proklamierte allgemeine Amnestie und 
die Zurücknahme der Ordonnanzen, welche die Stände und die joyeuse 
entrée aufgehoben hatten. Das patriotische Komité erklärte aber am 
23. November zu Gent den Kaiser als Herrn der Niederlande abgesetzt, 
und als die Truppen von Mons nach Namur gegen die eingefallenen 
Insurgenten marschierten, erhob sich Mons und das ganze Hennegau.
	        
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