270 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs XIV. 2c.
aufgestellt worden. Während in Frankreich die Wagschale auf-- und
niederschwebte, und es selbst die Pompadour nicht über den König
vermochte, daß derselbe gegen die Jesuiten wie sein Ahnherr gegen die
Tempelritter zu verfahren sich entschloß, so wurde das gespannte Europa
durch die Nachricht überrascht, der Orden sei in Portugal ausfgehoben.
Dort regierte (seit 1750) König Josef Emmanuel oder eigentlich
Jose de Karvalho, bekannter unter dem Namen des Grafen Pombal.
Dieser war ein monarchischer Schreckensmann im strengsten Sinne des
Wortes; denn seinem Willen opferte er unbedenklich Recht, Eigenthum
und Leben der Unterthanen, der geringen wie der vornehmen; Tod und
Kerker traf die Widerspenstigen, daher bis zum Tode des Königs (1777)
die Gefängnisse mit Staatsverbrechern angefüllt waren. Er dachte nicht
von ferne daran, eine sittliche oder rellglöse Reform zu begründen, son-
dern er wollte eben seinen Geboten Gehorsam schaffen und seine Ent-
würfe ausführen. Er fing viel an, vollendete aber wenig; bald waren
seine Unternehmungen gerecht, bald ungerecht, Dauerndes hat er nichts
geschaffen, wenn man nicht etwa die Bauten einrechnet, die er aufführen
ließ. Die Jesuiten haßte er, well er in diesem Orden eine Macht neben
sich sah, welche ihm in den Weg treten konnte; er gedachte ferner, durch
einen Sturz des Ordens gewaltige Geldmassen zu erobern. Zuerst ver-
trieb er die Jesuiten vom Hofe, indem er dem Könige einredete, die
Väter gehörten zu der Partei, welche seinen Bruder Pedro auf den
Thron erheben möchte. Zu gleicher Zeit wurde viel von einem Reicke
gefabelt, das die Jesuiten im südlichen Amerika besitzen sollten; das wäre
der Anfang, von wo aus sie einmal die ganze Welt erobern würden;
in diesem Jesuitenreiche seien Goldbergwerke von unermeßlicher Mächiig-
keit, und die Jesuiten hätten schon mehr Gold aufgeschüttet als die ganze
andere Welt besäße. So spielte auch der alte Traum der goldsuchenden
Abenteurer vom Eldorado (Goldlande) den Jesuiten einen Streich;
denn der König von Portugal wurde auf einen Antheil daran so erpicht,
daß er 1750 einen Ländertausch mit der Krone Spanien durchsetzte,
durch welchen sieben Kolonieen (Reduktionen) des sogenannten Jesuiten=
reickes an Portugal fielen. Aber Haufen Goldes und Silbers fanden
die königlickhen Beamten nicht, sondern etwas anderes: schöne, regel-
mäßig angelegte Dörfer mit prächtigen Kirchen und gefüllten Schulen,
wohlangebaute Felder, ein zahlreiches, wohlgenährtes, gesittetes und zu-
friedenes Volk, und dieses Volk war indianischen Ursprungs, war aus
faulen, trunksüchtigen und blutgierigen Wilden herangebildet worden.
Vom Jahre 1586 an hatten die Jesuiten ihre Sendungen an die Wil-
den am Paraguay und Uruguay begonnenz sie wagten sich über Flüsse,
Seen und Moräste in die Wälder zu den Eingebornen, die von Haß
gegen die fremden Eroberer erfüllt waren. Die Missionäre fanden es