Aufhebung des Jefuitenordens. 275
konnte aber doch nicht umhin, neue Steuern einzuführen und den Spa-
niern ihre Nationaltracht, den langen Mantel und den breitkrämpigen
Hut, zu verbieten. Deßwegen erhob der Madrider Pöbel einen Auf-
stand gegen den Finanzminister Squillaci und verlangte von dem KöS-
nige die Entlassung des verhaßten Neapolltaners. Der Aufstand wurde
den Jesulten auf die Rechnung geschrieben, weil ihnen ein Vivat aus-
gebracht wurde und die Volksmasse auf ihre Anrede auselnander ging.
Der Minister Aranda ließ hierauf eine Untersuchung einleiten und diese
fand die Jesuiten schuldig; erwiesen ist nichts, da die Prozeßakten nicht
bekannt wurden, und wir müssen deßwegen mißtrauen, weil Aranda ein
Feind der Jesulten war und der Schule der philosophischen Staatsmän=
ner angehörte. Sei dem wie ihm wolle, die Strafe für die gerichtlich
behauptete Schuld dreier Mitglieder traf den ganzen Orden; in der Nacht
vom 31. März auf den 1. April 1767 wurden alle Jesulten in Spa-
nien, etwa 6000, weggeführt, wie Sklaven in Schiffsräume verpackt
und nach Civitavecchia im Kirchenstaate deportiert. Auch im spanischen
Amerika wurden sie festgenommen und eingeschifftz viele derselben gingen
in den untern Schiffsräumen, wohin man sie gesperrt hatte, auf der
Ueberfahrt nach Europa zu Grunde. Die Indianer in den Reduktionen
des Paraguay wollten es nicht begreifen, wie es möglich sei, daß ihnen
der König ihre Väter rauben lassen könne, unterwarfen sich aber, als
sie von den Jesulten dazu aufgefordert wurden; die Indianer wurden
seitdem statt durch die Jesutten durch die Civll- und Militärbeamten des
Staates regiert, und die Reduktionen, die in ihrer Blütenzeit gegen
150,000 glückliche Indianer umfaßt hatten, gingen zu Grunde. Karl III.
wurde vergebens von dem Papste beschworen, er möchte doch offenba-
ren, was denn der Orden und was die des Hochverraths angeschul-
digten Mitglieder verbrochen hätten; er behielt die Gründe seines Ver-
sahrens „in selnem königlichen Herzen verschlossen"; dies Herz fand sich
aber sehr getäuscht, als die erwarteten Reichthümer nirgends aufgefun-
den werden konnten; Amerika war für den König nicht zum zweiten-
mal entdeckt, wie er ausrief, als er den Deportatiousbefehl gegen den
Orden unterzeichnet hatte. Im November des gleichen Jahres traf den
Orden die Aufhebung in Neapel und die Deportation in den Kirchen-
staat, im Februar des folgenden Jahres in Parma. Das wälsche katho-
lische Europa hatte also beinahe aufgeräumt, in Deutschland dagegen
konnte man sich zu einer gewaltthätigen Aufhebung des Ordens nicht
entschließen, weil die größten Regenten, Maria Theresia und Fried-
rich II., von der Aufhebung nichts wissen wollten; denn so wenig po-
sitve Religion der Preußenkönig hatte, so wollte er doch den Glauben
anderer ungestört lassen; die Aufklärungswuth verspottete er und war
viel zu verständig, als daß man ihn überreden konnte, die Jesuiten seien
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