Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

276 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs XIV. 2c. 
Königsmörder, Verschwörungsschmiede u. dgl. Die bourbonischen Kabi- 
nete ruhten aber nicht; sie drängten und bedrohten den Papst Klemens 
XIV. so lange, bis er den Orden durch ein Breve vom 23. Juli 1773 
aufhob. Klemens that es gezwungen, von den großen Päpsten hätte 
sich übrigens keiner zwingen lassen; vertreibt die Jesuiten, ich kann es 
nicht hindern, hätte ein solcher gesprochen, aber daß ich den Orden ver- 
urtheile, der unter Christen und Helden so unendlich viel gewirkt hat, 
das sei ferne von mir. 
Der Orden wurde von der Kirche seinem Schicksale überlassen, weil 
sie in der Furcht vor größeren Stürmen sich die Ruhe durch ein großes 
Opfer zu erkaufen hoffte. Der gewaltige Haß der Mächtigen jener Zeit 
gegen den Orden entsprang daraus, daß sie in ihm einen noch Mächti- 
geren neben sich zu sehen glaubten; sie hielten ihn für den Archimedes, 
der den Standpunkt gesunden, auf dem er mit seinem Hebel die Erde 
bewegen könne. Den meisten der damaligen Regenten und Staatsmän- 
ner war der Orden zu gewaltig; sie fürchteten ihn und haßten ihn 
darum; daher sehen wir auch die schwachen Bourbonen gegen ihn so 
feindselig, nicht aber Maria Theresia, Friedrich II. und selbst nicht die 
russische Katharina II. Der Angriff auf den Orden wurde von seinen 
Feinden mit großer Geschicklichkeit geleitet und jede Blöße mit taktischer 
Fertigkeit benutzt. Die Betheiligung einzelner Ordensmitglieder an dem 
politischen Getriebe der Höfe, die Einmischung in weltliche Angelegen- 
heiten überhaupt lieferte das Material zu der Anklage: der Orden ist 
herrschsüchtig und aller Ränke voll. Streitigkeiten und Eifersüchteleien 
mit Klöstern und Klerikern veranlaßten zu dem scheinbar schmerzlichen 
Bekenntniß: die Jefuiten stören den Kirchenfrieden. Lare Censur von 
Schriften einzelner Ordensmitglieder schienen die Anklagen, die gegen 
die Sitten= und Rechtslehre des Ordens gerichtet waren, zu rechtfertigen, 
und Unternehmungen wie die des Pater Lavalette mit dem Skandal des 
darauf folgenden Prozesses wurden als Beweis angeführt, daß dem 
Orden keine Spekulation fremd sei, der unglückliche Spekulant jedoch 
geopfert werde. Später wurden andere Orden aufgehoben, weil sie zu 
wenig thäten und nur dem beschaulichen Leben sich hingäben; die Jesui- 
ten dagegen waren zu thätig und entwickelten eine zu große koncentrierte 
geistige Macht; die Anklage lautete bei den einen auf „zu viel“, bei den 
andern auf „zu wenig“, der aber gerade genügende Orden wurde bis 
heute noch nicht bezeichnet.
	        
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